Stadtmagazin Lünen: Gesundheit und Wellness

Kulturgeschichte, Kunst und Körperkult

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Faszinierende Einblicke in farbige Hautmomente

Das Tätowieren zählt zu den ältesten Kunstformen der Menschheit. Aufgrund der vielfältigen, über den Erdball verstreuten Spuren liegt es nahe, dass sich der Brauch bei den verschiedenen Völkern unabhängig voneinander entwickelt hat. Einst wurde die Haut mit scharfen Steinen, Knochen oder Dornen aufgeritzt und dann mit Asche, Kohle oder Pflanzenfarbe eingerieben. Heute stechen professionelle Tätowierer ihren Kunden mit sterilen Nadeln kunstvolle Motive in die Haut. Was bis vor einigen Jahren noch schockierend wirkte, ist heute längst gesellschaftsfähig.

Von Ötzi bis zur Yakuza

Einer der ältesten und berühmtesten Tattoo-Träger ist ›Ötzi aus dem Eis‹: Der Körper des steinzeitlichen Jägers wurde 1991 nahe einem österreichischen Gletscher gefunden und weist 61 (überwiegend geometrische) Zeichnungen auf. Da sie sich an ungewöhnlichen Stellen wie der unteren Wirbelsäule, Knien und Fußknöcheln befinden, gehen Forscher davon aus, dass sie als eine Art Akupunktur zur Therapie von Rücken- und Gelenkschmerzen eingesetzt wurden. Wahrscheinlich erfüllten Tätowierungen bei unseren Vorfahren aber auch eine kulturelle und rituelle Funktion. Aufwendige Hautmalereien in Form von realen und mystischen Tieren wurden auf Mumien in Ägypten und der russischen Steppe entdeckt. Bei den Maori in Neuseeland und indigenen Völkern (Maya und Azteken) Mittelamerikas waren die schmuckvollen Körperverzierungen ebenfalls weit verbreitet. Und sogar einige Kreuzritter sollen sich trotz des Verbotes in der Bibel christliche Symbole auf die Stirn gestochen haben. Kulturell besonders tief verwurzelt ist die Tätowierkunst in Japan. Allerdings wurden Tattos hier im 18. und 19. Jahrhundert zur Stigmatisierung von Verbrechern eingesetzt. ›Gebrandmarkte‹ wurden gesellschaftlich ausgegrenzt, was zur Bildung einer Art ›Unterschichten-Mafia‹ beitrug: der Yakuza. Später kam die schmuckvolle Tätowierung (mythische Illustrationen mit Drachen und Kirschblüten) aber wieder in Mode.

Anker, Arschgeweih und rollende Köpfe

In unserer westlichen Welt haftete den Körperbildern lange ein halbseidenes Image an. Doch die Zeiten, in denen vor allem Kriminelle, Prostituierte und Seefahrer ihre tätowierte Haut zur Schau trugen, sind lange vorbei. Allein in Deutschland ist Statistiken zufolge rund jeder fünfte Einwohner tätowiert – darunter auch Beamte, Banker, Ärzte und Anwälte. Rein rechtlich gesehen ist Körperschmuck Privatsache und darf vom Chef nicht verboten werden. Allerdings können in Branchen mit Kundenkontakt kleine Einschränkungen gelten, wonach Tätowierungen (und auch Piercings) etwa nur innerhalb der sogenannten ›T-Shirt-Grenze‹ erlaubt sind. Das Einbringen von Farbstoffen in die Haut geschieht heute mithilfe feiner Nadeln und technisch ausgereifter Spezialmaschinen. Die Stilrichtungen sind so vielfältig wie die Menschen, die sich auf diese Weise verzieren lassen: von Old-School-Klassikern wie Anker oder Herz über die in den 90-ern beliebten Tribals – man erinnere sich an das berühmtberüchtigte ›Arschgeweih‹ – bis hin zu ausgefallenen individuellen Designs. Eingefleischte Tattoo-Fans schrecken dabei auch vor brachialen und morbiden Motiven nicht zurück. Aus Japan beispielsweise stammt ein grausiger Stil mit blutigen, abgehackten Köpfen. Durch den mexikanischen Día de Muertos entwickelte sich die Vorliebe für Totenschädel. Erwähnenswert ist auch der Trend der sogenannten ›Biomechanik‹, der – angelehnt an die alten ›Alien‹- oder ›Terminator‹-Filme – zerfetzte Haut und die darunter zum Vorschein kommenden Muskeln und Maschinenteile zeigt.

Verträglichkeit

Tattoos sind heute in den meisten Fällen gut verträglich. Das hängt auch damit zusammen, dass die Farben nach der modernen Tätowiermittel-Verordnung keine giftigen Stoffe (z. B. Azopigmente) enthalten dürfen. Unverträglichkeiten oder Allergien lassen sich aber trotzdem nicht komplett ausschließen. Wer ganz sichergehen will, kann im Vorfeld einen Allergietest beim Arzt durchführen lassen. Medizinischer Rat ist auch dann angebracht, wenn Gerinnungsstörungen oder Hautkrankheiten bekannt sind.

Sonnenschutz

Da sich die Haut immer wieder erneuert, verändert sich auch das Tattoo: Es wird heller und kann mit den Jahren verschwommener wirken. Sonneneinstrahlung lässt die Farben früher verblassen, weshalb Lichtschutz auf tätowierter Haut besonders wichtig ist. Nicht alle Motive eignen sich gleich gut zum Nachstechen, aber die meisten kann man später wieder auffrischen.

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