Ringen – Kampf um den ältesten Sport unserer Kultur
Starke Frauen, junge Talente – VfK geht zuversichtlich auf die Matte
Ringen zählt zu den ältesten Sportarten der Welt. Es war Teil der Olympischen Spiele der Antike und fand ab 700 vor Christi trotz späteren Verbots durch die Römer im Heiligen Hain von Olympia auf der griechischen Halbinsel Peleponnes statt. In Lünen setzen die Kraftsportler schon 100 Jahre ihre Griffe und das voller Zuversicht. »Stark machte uns aktuell der Erfolg bei den letzten Olympischen Spielen in Tokio und die totale Öffnung für Frauen. Wir sind keine Männerdomäne mehr. Ab der Saison 2023/24 wird es ernst. Dann sind zwei Frauen in der Mannschaft, mindestens 14 bis 15 Jahre, in der dann elften Gewichtsklasse bis 65 kg im Freistil Pflicht! Die Trainingsbeteiligung mit 40 Aktiven, darunter viel Nachwuchs, auf zwei Matten und 200 Quadratmetern ist enorm!«, sieht es Günter Zimmermann, fast 25 Jahre Schwergewichtler, heute temperamentvoller Hallensprecher des Vereins für Kraftsport Lünen (VfK).
Ganz starke Frauen
In Tokio gewann die Krefelderin Aline Rotter-Focken in einem mitreißenden Finale über 7:1 und 7:3 Punkte die erste olympische Medaille einer deutschen Ringerin. Bei den Männern holten im griechisch-römischen Stil Dennis Kudla (87 kg) und Frank Stäbler (67 kg) Bronze. 50 Jahre zuvor, 1972 bei den Spielen in München, schrieb schon Wilfried Dietrich Ringer-Geschichte. Damals schulterte er sensationell im Finale das amerikanische ›Riesenbaby‹ Chris Taylor und wurde seitdem ›der Kran von Schifferstadt‹ genannt. In Lünen für erste Schlagzeilen sorgten ab den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts der Kraftsportverein Brambauer 24 und Achilles 1926. Tragisch: Mit Alfred Thamm verletzte sich 1931 ein 24.er Spitzenmann bei einem Kampf in Duisburg tödlich. Die Matten waren damals aus Seegras. Trikots zu kaufen gab es eher nicht. Diese wurden von den Frauen der Ringer gefertigt. Blicken wir weit nach Griechenland zurück: Zuschauen durften damals nur unverheiratete Frauen und freie Männer. Nur Letztere durften an Wettkämpfen teilnehmen. Dennoch konnten auch Frauen Olympiasiegerinnen werden – wenn sie einen Rennstall besaßen. Denn bei den Wagenrennen wurden nicht die Lenker, sondern die Stallbesitzer zum Sieger gekürt. Weiter gab es einst schon für alle anderen Frauen zwischen den Olympischen Spielen alle vier Jahre eigene Wettkämpfe.
Aus in Brambauer
Kraftsportverein Brambauer organisierte in den 1950er-Jahren einen damals einmaligen deutsch-deutschen Vergleich mit Rückkampf in der DDR. Doch wegen Nachwuchsmangels wurde der Traditionsverein 1963 aufgelöst. Die Wiedergeburt, angetrieben über Jahrzehnte über Horst Gehse als Geschäftsführer, begann bei den Gewichthebern im benachbarten Dortmund-Derne. 1964 gründeten sich die Ringer als Abteilung, in den 70er-Jahren schlossen sie sich als SuS Derne-Lünen dem VfB 08 Lünen an. Daraus wurde der selbstständige Verein Ringerclub Lünen (RCL). Günter Klaas holte den ersten Deutschen Meistertitel.
Gastkämpfe in den USA
1978 flogen die Kämpfer zu einem Vergleich nach Minnesota in die USA. Es entwickelte sich ein reger Austausch. 1979 stieg Lünen in die Oberliga auf, setzte sich ein Jahr später vor begeisterten 400 Fans im Aufstiegskampf zur 2. Bundesliga mit 22:17 gegen die KG Berlin durch. Das reichte. Die 19,5:20,5-Niederlage im dramatischen dreistündigen Rückvergleich tat nicht mehr weh. Das Team hielt sich gut in der neuen Liga. Rolf und Peter Stepputis wurden Dritter und Vierter bei der Deutschen Meisterschaft. 1981 wurde sie erstmals in der Lüner Rundsporthalle ausgerichtet.
Vor der 1. Liga
Dann verließen die Schüler, Teile des Vorstandes und der Reserve den RCL und gründeten den VfK Lünen 1988. Davon ließ sich der Ringerclub zunächst nicht beeindrucken. Unter Hans-Joachim Klötzing als Trainer erreichte er die Aufstiegsrunde zur 1. Bundesliga. Vor 1.200 Zuschauern ging bei der SG Hösbach/Damm der Hinkampf 15,5:22,5 verloren. Mit dem 16:21 in Lünen war der Aufstieg geplatzt. Klötzing kündigte überraschend seinen Rücktritt an. Einmal mehr kam die DDR ins Spiel. Der DDR-Spitzentrainer Andreas Ehnert übernahm, brachte mehrere DDR-Ringer mit. Für den RC Lünen starten bei Welt- und Europameisterschaften der Jugend Mirko Klein sowie die Zwillinge Sven und Lars Schmücker. Zuvor waren sie in ihren Klassen Deutsche Meister geworden. Der lange verletzte Eric Krömer wurde DM-Vize. Zu nennen sind weiter Raphael Stiller, der später mit Witten Deutscher A-Jugend-Meister wurde, Frank Ganser, der mehrfache Deutsche Meister Hans-Günter Klein und dessen Sohn Mirko, der knapp die Teilnahme an den Olympischen Spielen verpasste. Doch so hoch der RCL geklettert war, so tief fiel er. Es überlebte der VfK. 1991 feierte der Ringerverband in Lünen sein 100-jähriges Bestehen. »Mehrfach überzeugten wir bei der Ausrichtung Deutscher Meisterschaften«, weiß Vorsitzender Michael Tautz um das Potenzial des Vereins, der meist um 200 Mitglieder zählt.
Nur Sieger geehrt
Die Griechen zeichneten einst nur die Sieger aus – mit Stirnband und Kopfkranz. Zu Hause wurden diese als Helden gefeiert, zahlten keine Steuern, erhielten Geld, Geschenke und Ehrenrechte. Heute hoffen die VfKer immer wieder, die Früchte ihrer guten Nachwuchsarbeit zu ernten und bald wieder eine neue Heimat zu haben. Einst und heute war die Halle der Paul-Gerhardt-Schule an der Heine Str. 1. ihr Reich. Dazwischen hatten sie in der in Eigenarbeit umgebauten Schwimmhalle und in der Sporthalle an der Dammwiese ihr Domizil. Beides wurde abgerissen. Wegen der Corona-Pandemie verzögerte sich der Bau der neuen Süder Sporthalle. Günter Zimmermann: »Diese soll im August 2022 fertig werden. Dann können wir auf der Matte wieder um Punkte in der Oberliga zuschlagen! Das haben wir zuletzt schon gegen Herdecke und Wickede gemacht!«
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