Alarm im Lüner Kulturbetrieb
›Krisen-Surfen‹ mit LEN METTE
Ein spärlich befüllter Kalender 2023, ein Hauch Staub auf Kisten, Koffern und Stativen: So sieht es derzeit in einem kleinen Büro und Techniklager in Lünen aus. Es sind die Räume von Len Mette, die derzeit eher nicht durch geschäftiges Treiben geprägt sind, und das hat Gründe. Der Autor, Musiker und Kabarettist feierte noch im November 2021 erfolgreich die Premiere seines neuen Programms ›Ballett für Erwachsene‹ im Heinz-Hilpert-Theater in Lünen vor geladenen Gästen, denen er für ihren Einsatz während der Pandemie eine kleine Auszeit gönnen wollte.
Volle Bücher nach den Lockdowns, aber …
»Das war tatsächlich ein sehr schöner Abend«, erinnert sich Len Mette, »und auch in der ersten Jahreshälfte 2022 reihte sich gefühlt eine Veranstaltung hinter die nächste, da es viele Nachholtermine für Veranstaltungen gab, die während der Lockdowns verschoben werden mussten. In den letzten sechs Monaten sah das jedoch deutlich anders aus. Normalerweise buchen wir meine Termine gern etwa ein Jahr im Voraus. Das ist momentan allerdings Utopie.« Die Ursache für jene ausbleibenden Buchungen findet sich nicht etwa im Inhalt dessen, was Len Mette auf den abendlichen Bühnen präsentiert. O nein! Vielmehr steht fest, dass aktuell viele Kleinkünstler, Comediennes und Veranstalter von denselben Problemen zu berichten wissen oder bereits aufgeben mussten. Die Gründe mögen vielschichtig sein, aber mit dem Jazz-Club, dem Greif und dem Kulturcafé sind konkret in Lünen wesentliche Orte für Kunst und Kultur weggefallen oder mussten sich deutlich verkleinern.
»Todesurtail für den kulturellen Mittelstand«
»Was wir aktuell erleben, ist anscheinend eine Verkettung einiger unterschiedlicher Effekte«, erklärt er weiter. »Die Inflation lässt die Menschen abwägen, ob sie sich eine Theaterkarte gönnen möchten. Wenn sie es tun, dann soll damit natürlich auch ein ›großer Name‹, also eine Art Spaßgarantie verbunden sein. Veranstalter hingegen machen sich bei den gestiegenen Energiepreisen und aufgrund des Personalmangels ebenfalls ihre berechtigten Gedanken, für welchen Künstler sie ihre Pforten überhaupt öffnen und ein finanzielles Risiko eingehen können. Werden nicht genug Karten verkauft, wird ein solcher Abend schließlich schnell zu einem Minusgeschäft. Auch hier sind bekanntere Namen die besseren Umsatzgaranten. Und nicht zuletzt schlägt sich sicherlich auch noch das Thema Corona in der Entscheidung nieder, ob man für Kleinkunst ins Theater gehen mag oder eben nicht. Musikveranstaltungen sind da schon verlockender. So verständlich all diese Themen sind: Für den kulturellen Mittelstand grenzt diese Entwicklung momentan an ein Todesurteil, sofern man als Künstler nicht zum Nulltarif auf die Bühne gehen kann.«
Beruf? Optimist!
Was sich in der Kulturszene abspielt, lässt sich also mit der Krise nach der Corona-Krise beschreiben. Oder mit der Krise – während der Energiekrise. Ganz, wie man möchte. Fakt ist: Ein Künstler nach dem anderen muss sich eine alternative Einkommensquelle suchen. Doch Len Mette mag Schwarzmalerei nicht, betront er: »Die Situation ist natürlich schwierig, und das tut mir insbesondere für jene leid, die mich unterstützen und die einen Teil ihres Einkommens mit meinem kleinen ›Wanderzirkus‹ erwirtschaftet haben, wie ich das kleine Unternehmen gern nenne. Nichtsdestoweniger bin ich von Beruf auch Optimist und investiere aktuell in Verbesserungen bei der Bühnentechnik, sowie im administrativen Bereich. Das sind Themen, die du nicht so leicht anpackst, während du irgendwo in Deutschland unterwegs bist. Jetzt habe ich die Zeit dazu. Ich gehe davon aus, dass sich die Situation in ein oder zwei Jahren normalisieren wird. Daher möchte ich jetzt nachhaltig agieren, um zu einem solchen Zeitpunkt schnell wieder einsatzfähig zu sein. Bis dahin heißt es: Einfach durchhalten! Ich werde daher einige Gastauftritte spielen und mich auch musikalisch wieder mehr in verschiedene Projekte einbringen oder auch Wohnzimmer-Lesungen anbieten. Der kreative Prozess ist schließlich das, was ich liebe. Aufgeben ist somit keine Option, sodass es mich auch nach der Krise, nach der Krise, nach der Krise noch geben wird! Ich erlerne derzeit eben mühsam den Spaß am Krisen-Surfen. Vielleicht mit einem etwas kleineren ›Wanderzirkus‹ als den, den wir in den letzten Jahren aufgebaut hatten, aber davon lasse ich mich nicht einschüchtern!«
Neue Pläne
Wer etwas nachbohrt, erkennt bei Len Mette jedoch auch Pläne, die etwas weniger weit in die Zukunft gerichtet sind, wie das Stadtmagazin aus ihm herauskitzeln konnte: »Es gibt schon noch Gespräche mit namhaften Partnern in Lünen. Die Idee ist es, mithilfe einer humorvollen Veranstaltungsreihe etwas gegen dieses Bühnen- und Künstlersterben zu tun und das Publikum dazu zu animieren, auch wieder diesen Teil des kulturellen Miteinanders zu genießen. Schließlich sind Theater und Kleinkunst von je her wesentlicher Bestandteil des gesellschaftlichen Miteinanders gewesen und sind es darüber hinaus wert, dafür zu kämpfen. Wenn ich hier dabei sein kann, dann tue ich das aus Überzeugung. Mehr darf ich aber noch nicht verraten!«
Toi, toi, toi!
Len Mette hält durch und bleibt Lünen als lokales Talent erhalten, wenn auch etwas stiller, als man es von ihm gewohnt ist. Möge das Publikum ihn unterstützen und das ›Krisen-Surfen‹ zum neuen Freizeittrend werden lassen. Für den Spaß an der Kleinkunst und der Freude am kulturellen Miteinander – toi, toi, toi!
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