Von der Schülerjury zum Filmemacher
»Das war schon cool, die eigene Produktion auf der Leinwand zu sehen«
Ins Kino gehen, während andere die Schulbank drücken, berühmte Schauspieler*innen treffen, in den Glanz und Glamour der Filmszene eintauchen: Was zu schön klingt, um wahr zu sein, wurde im Jahr 2005 für einige junge Lüner*innen Wirklichkeit. Damals wurde beim Kinofest Lünen die erste Schülerjury ins Leben gerufen. Mittendrin: der 16-jährige Florian Klapetz vom Gymnasium Altlünen. Wobei der junge Filmfan vermutlich noch nicht ahnte, dass er 17 Jahre später erneut beim Kinofest zu Gast sein würde, diesmal als fertiger Regisseur: Im November 2022 feierte sein erster Spielfilm ›Intern‹ Weltpremiere. »Das war schon cool, die eigene Produktion auf der Leinwand zu sehen, in einem fast ausverkauften Kinosaal«, erzählt er. »Es waren nur deshalb noch einzelne Plätze frei, weil wir wegen der vielen Zuschauer aus einem kleineren Kinosaal in einen größeren umziehen mussten. Und das Feedback war einfach super. Ich habe mich gefreut, nach der Vorstellung mit so vielen Menschen ins Gespräch zu kommen.«
»Arbeitszeit ist Lebenszeit«
Dabei hätte alles ganz anders kommen können. Nach Abitur und Zivildienst absolvierte der kreative Lüner nämlich erst einmal eine Bankausbildung bei der Sparkasse. »Zum Glück habe ich noch rechtzeitig den Absprung geschafft«, bemerkt er mit einem Schmunzeln und fügt schnell hinzu: »Die kaufmännische Ausbildung hat mir nicht geschadet, das war eine super Grundlage, aber ich wusste schon immer, dass ich das nicht mein Leben lang machen möchte. Arbeitszeit ist Lebenszeit. Ich habe mich entschieden, meine Leidenschaft zum Beruf zu machen.« In Köln studierte Florian Klapetz Film und Fernsehen mit dem Schwerpunkt Regie. Danach wirkte er an verschiedenen Kinoproduktionen und Imagefilmen mit. »Aber ich hatte immer Lust, einmal etwas eigenes Szenisches als Regisseur umzusetzen. Also habe ich eine Projektidee aus dem Studium wieder aufgegriffen und mich damit für den Master-Studiengang an der FH Dortmund beworben.« So entstand der 25-Minuten-Kurzfilm ›Intern‹ als Abschlussarbeit.
Gefährliche Praxis: ›Magic Roundabout‹
Darum geht’s: Zwei Nachwuchsbanker starten ihr Praktikum bei einer elitären Investment Bank. Um die begehrte Festanstellung zu ergattern, arbeiten sie Tag und Nacht, bis ihre Freundschaft zu zerbrechen droht. »Die Geschichte beschäftigt sich mit den Auswüchsen der Ellenbogengesellschaft und zeigt, wie aus Freunden unter Leistungsdruck Konkurrenten werden«, erklärt Florian Klapetz, der durch eine Pressemeldung aus dem Jahr 2013 auf das Thema gebracht wurde: Ein junger deutscher Investmentbanker war in London vor Erschöpfung tot unter der Dusche zusammengebrochen. »Diese traurige wahre Geschichte hat mich zu meiner fiktiven Story inspiriert.« In dem Zeitungsartikel wurde auch die in der Investment-Branche übliche Praxis des ›Magic Roundabout‹ thematisiert: Nachwuchsbanker werden nach stundenlanger Arbeit nach Hause kutschiert, um sich kurz frisch zu machen, während das Taxi vor der Haustür wartet, und fahren dann im selben Taxi zurück zur Bank – ohne zu schlafen. »Weshalb mein Film zunächst den Arbeitstitel ›Magic Roundabout‹ trug.«
»Alle standen zu 100 Prozent dahinter«
Gemeinsam mit dem Dortmunder Drehbuchautoren Sebastian Giese feilte Florian Klapetz am Plot. Die beiden Theater- und Fernsehschauspieler Anton Andreew und Julian Bloedorn übernahmen die Hauptrollen. Insgesamt waren über 30 Personen in das Projekt eingebunden, vom Cast über Dramaturgie und Kamera bis zur Filmmusik. Nach monatelanger Vorproduktion sollte der Dreh im März 2021 starten. »Fast hätte uns die Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht«, berichtet Florian Klapetz. »Wir haben lange abgewogen, ob wir unter den Voraussetzungen drehen wollen, uns dann aber dafür entschieden. Und es war eine gute Entscheidung. Alle standen zu 100 Prozent dahinter, weshalb wir die Dreharbeiten dann auch relativ kurzfristig innerhalb von 14 Tagen über die Bühne gebracht haben. Dass mein Werk dann auch noch als Nachwuchsfilm für das Kinofest in meiner alten Heimat ausgewählt wurde und wir hier die Premiere feiern konnten, hat mich riesig gefreut.«
Als Komparse auch vor der Kamera
Jetzt heißt es wieder gespannt abwarten, denn die Bewerbungsphase für viele Festivals in ganz Deutschland und dem Ausland läuft derzeit noch. Mit etwas Glück wird ›Intern‹ also bald noch in anderen Kinos gezeigt werden. Nach Abschluss der Festivalsaison könnte der Film dann außerdem online gehen. »Bis dahin müssen sich Interessierte aber wohl noch ein oder zwei Jahre gedulden«, so Florian Klapetz. Ihm selbst dürfte in dieser Zeit kaum langweilig werden, denn seine nächsten Filmprojekte stehen bereits in den Startlöchern. Und wenn er nicht gerade filmt, frönt er seiner zweiten Leidenschaft, der Fotografie. »Ich habe immer gerne fotografiert und an der Uni aus Spaß entsprechende Kurse belegt. So kam eins zum anderen.« Heute lichtet er Schauspieler*innen, Tänzer*innen und viele andere Künstler*innen ab und unterstützt das Festival Junges Theater Lünen als Technischer Leiter und Fotograf. Als ob das noch nicht genug wäre, ist Florian Klapetz als Kleindarsteller und Komparse auch vor der Kamera im Einsatz, zum Beispiel im nächsten Werk des Lüner Horrorfilmregisseurs Ralf Möllenhoff, der 2023 ins Kino kommen soll. Wir sind gespannt!
Weitere Infos: www.florianklapetz.com