Stadtmagazin Witten: Sport und Freizeit

Eine andere Liga

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Ein Gespräch mit dem Wittener Fußballtrainer Thomas Nockenberg über ehrenamtliche Jugendarbeit und ehrgeizige Aufstiegsambitionen

Sommerpause – die meisten Fußballfans der Region, die sonst Woche für Woche dem BVB, Schalke oder auch dem VfL Bochum die Daumen drücken, atmen nun erst mal durch und bereiten sich dann langsam mental auf die WM vor. Doch nachdem der Kampf um lukrative Champions-League-Plätze und möglichst gute TV-Gelder-Kuchenstücke ausgefochten ist, läuft der Ligabetrieb abseits der großen Arenen teilweise noch einige Wochen weiter, und die Entscheidungen um Auf- oder Abstieg sind noch nicht gefallen. Die A-Jugend des SV Bommern 05 etwa hofft derzeit noch auf den Aufstieg in die Kreisliga A. Nach einer eher schwachen Hinrunde begeisterte das Team in der zweiten Saisonhälfte mit einer Siegesserie, sogar der Tabellenführer SV Herbede wurde mit 5:2 vom Platz gefegt.

Auf der Bank

An einem frühen Freitagabend Ende April nimmt sich Thomas ›Nocki‹ Nockenberg während des Trainings Zeit fürs Stadtmagazin, um von seinem aufstrebenden Team und seiner langjährigen ehrenamtlichen Arbeit als Jugendtrainer zu berichten. Während sein ›Co‹ Michel Görtz die 16- bis 18-jährigen Kicker auf der einen Hälfte des Kunstrasenplatzes auf die anstehende Partie gegen Portugal SV Witten vorbereitet, sitzen wir etwas abseits am Spielfeldrand auf einer Bank vor dem Vereinsheim. Neben dessen Eingang prangt ein Schild mit der selbstbewussten Aufschrift ›SV Bommern 05 – Die Macht vom Goltenbusch‹. Vor uns, auf der anderen Hälfte des Feldes, sind derweil die B-Juniorinnen aktiv. Ab 19 Uhr wird dann die erste Herrenmannschaft, die in der Bezirksliga spielt, zum Training erwartet.

Die Chemie stimmt

»Michel kenne ich, seitdem er zwölf ist, ich habe ihn früher einmal selbst trainiert«, erzählt der 45-jährige Coach über seinen etwa 20 Jahre jüngeren Co-Trainer, mit dem er inzwischen schon lange kollegial und ›auf Augenhöhe‹ zusammenarbeitet. Die Chemie zwischen den beiden Fußballfreunden stimmt, man kann sich aufeinander verlassen. Zwei Jahre lang coachten sie gemeinsam die B-Jugend des FSV Witten, eine von zahlreichen Stationen in Thomas Nockenbergs Jugendtrainerleben: Nach dem FSV war der Wittener bei TuRa Rüdinghausen in der D-Jugend aktiv, zusätzlich eine Saison lang als Co-Trainer im Seniorenbereich bei den Damen des SV Berghofen in Dortmund, die am Ende der Spielzeit in die dritte Liga aufstiegen. Und zuvor zehn Jahre lang bei den Sportfreunden Schnee, wo die Jugendarbeit allerdings mittlerweile stark zurückgefahren werden musste. »Der einzige Verein mit einem Ascheplatz hat es heutzutage schwer«, erklärt Thomas Nockenberg das Dilemma der Sportfreunde. »Ich bin ja noch ein Aschenkind«, erinnert er sich an seine eigene aktive Zeit, »aber heute haben fast alle Clubs Rasen- oder Kunstrasenplätze.« Er selbst spielte seinerzeit übrigens in der Bezirksliga – ehe eine Verletzung seine aktive Laufbahn beendete und er seine Fußballleidenschaft schon in jungen Jahren auf das Coachen konzentrieren musste.

Trainer, Seelendoktor, Ersatzpapa

Die ehrenamtliche Tätigkeit als Trainer und Betreuer im Jugendbereich nimmt viel Zeit in Anspruch. Zweimal pro Woche Training und der Wettkampf am Wochenende sind nur die Spitze des Eisberges. Jede Trainingseinheit erfordert auch Vorbereitung, Gespräche mit Spielern und Vereinsvorstand kommen hinzu, und im Gegensatz zu den Gepflogenheiten bei personell breit aufgestellten Profivereinen ist es hier auch der Trainer selbst, der sich Spiele der Konkurrenz ansieht, um die Gegner vorab zu beobachten und zu analysieren und das eigene Team entsprechend einzustellen. Und dann ist da noch die zwischenmenschliche Komponente bei der Arbeit mit Jugendlichen, für die der erfahrene Coach auch als Ansprechpartner beispielsweise bei schulischen oder privaten Problemen bereitsteht. »Man ist auch Seelendoktor, bei den Kleineren teilweise Ersatzpapa«, erzählt ›Nocki‹, den seine Spieler »Tag und Nacht anrufen« können. Letztlich hat er in irgendeiner Form »jeden Tag mit der Mannschaft zu tun.«

»Man will erfolgreich sein!«

Neben dem regulären Training gibt es Teambuilding-Maßnahmen, etwa das gemeinsame Fitnessboxen im Bochumer ›Fight Department‹. Für die nächste Saison ist auch eine mehrtägige gemeinsame Fahrt ins Ausland in Planung, so wie es Thomas Nockenberg schon bei vorherigen Trainerstationen praktizierte, als es mal für jeweils zehn Tage nach Italien bzw. Spanien ging und sogar die Teilnahme an einem internationalen Turnier Teil der Teamreise war. Was der Fußball-Lehrer für sein Engagement von seinen Schützlingen als Gegenleistung fordert, ist allein »die Leistung auf dem Platz.« Denn sportlicher Ehrgeiz gehört natürlich dazu: »Man will erfolgreich sein!« Und derzeit läuft es ja richtig rund für die A-Jugend des SV Bommern. Im Kreispokalwettbewerb erreichte sie in dieser Saison das Halbfinale, und bei der Stadtmeisterschaft in der Halle den dritten Platz. »Ich bin fest überzeugt, dass wir den Aufstieg schaffen«, lehnt sich der Trainer nun mutig aus dem Fenster, »auch mental ist die Mannschaft jetzt stark genug, das durchzuziehen.« Erst wenige Tage zuvor hatte er mit einem Vorstandsmitglied ein Gespräch, in dem die Bedeutung eines solchen Erfolgs betont wurde: »Es ist 20 Jahre her, dass unsere A-Jugend mal Kreisliga A gespielt hat.«

Aufregende Schlussphase

Im Sommer 2017 übernahmen Nockenberg und Görtz die Mannschaft, und zunächst gab es Anlaufschwierigkeiten. Ganze acht Punkte hatte man nach der ersten Saisonhälfte gesammelt. Dann aber begann die Arbeit des neuen Trainerteams zu fruchten, und fünf Spieltage vor Schluss zeichnet sich zwischen mehreren Vereinen ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die begehrten Aufstiegsplätze ab. Derzeit sieht es so aus, als könnte es Anfang Juni zum Showdown kommen, wenn am letzten Spieltag der SV Bochum Voede zu Gast in der Gaslock-Arena am Goltenbusch ist. »Emotional ginge es nicht besser als am letzten Spieltag aufzusteigen«, meint der Coach. Doch ebenso schmerzhaft wäre es natürlich, das Ziel dann knapp zu verpassen. Entsprechend aufregend ist die derzeitige Schlussphase der Saison für Thomas Nockenberg, wie er unumwunden zugibt. Doch diese Nervosität ist auch ein guter Indikator für ihn: »Nach so vielen Jahren als Trainer hinterfragt man sich auch immer wieder, fragt sich, ob es das noch ist. Aber wenn ich dann merke, wie ich schon freitags beim Abschlusstraining nervös werde vor dem Spiel am Sonntag, dann weiß ich: Ja, es ist immer noch das Richtige.«

Nachtrag:

Auch die nächsten drei Partien konnte die Bommeraner A-Jugend für sich entscheiden. Auf ein 3:1 gegen Portugal SV Witten folgte das Auswärtsspiel bei Adler Riemke, das – unter den Augen der ›Stadtmagazin-Sportredaktion‹ – souverän und verdient mit 3:0 gewonnen wurde. Das darauffolgende Heimspiel gegen RW Stiepel brachte gar einen grandiosen 7:2-Erfolg. Allerdings geben sich Herbede, Phönix Bochum und Bochum-Voede derweil ebenfalls keine Blöße. Das Aufstiegsrennen bleibt wohl, wie von Thomas Nockenberg vorausgesagt, spannend bis zum letzten Spieltag.

Die Fußballabteilung des SV Bommern 05

Insgesamt gibt es im Verein derzeit 18 Fußballteams, nämlich 4 Herrenmannschaften (1., 2., 3. Mannschaft plus ›alte Herren‹) sowie 2 Damenteams (1. und 2. Mannschaft), außerdem 12 Jugendteams, nämlich 9 Jungenmannschaften von der G- bis zur A-Jugend und 3 Mädchenteams von der D- bis zur B-Jugend.

Der SV Bommern im Internet: www.sv-bommern-05.de

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