Willkommen bei ›Spennemanns‹
Historischer Einkaufsbummel Teil II
»Die Gewißheit aller unserer Kunden, daß man bei ›Spennemanns‹ immer gut bedient wird und dort für sein Geld stets den höchsten Gegenwert erhält, ist schon seit alters her eine Tradition, die wir verpflichtend übernommen haben.«
(Aus der Festschrift 175 Jahre Lang + Spennemann 1955)
Spezialist für ›feine Herrenbekleidung‹ und ›Damenkonfektion‹
Plakate über dem Eingang bewerben Aussteuer, Bettfedern, Daunen, Tischdecken, Teppich- und Gardinenlagen. Damen in langen viktorianischen Kleidern spazieren über den Gehsteig, werfen einen interessierten Blick in die Schaufenster. Das Foto aus dem Jahre 1905 gibt einen Einblick in die Einkaufskultur unserer Urgroßeltern. Wer damals etwas auf sich hielt, ging zu Spennemanns. Generationen von Wittenern haben sich hier mit ›feiner Herrenbekleidung‹ und ›Damenkonfektion‹ sowie Textilwaren eingedeckt. Begleiten Sie uns auf unserem historischen Einkaufsbummel und treten Sie ein in eines der größten und beliebtesten Kaufhäuser der Stadt.
Die Anfänge auf dem Kornmarkt
Es war eine kleine Sensation, als der Kaufmann und Bauer Heinrich Adam Spennemann im Jahre 1780 am historischen Kornmarkt das erste große Manufakturwarengeschäft in Witten eröffnete. In der Bevölkerung machten sich jedoch auch Bedenken breit: Ein großes Haus gefüllt mit leicht brennbarem Material stellte im Falle einer Feuersbrunst doch sicher eine Gefahr für die umliegenden Häuser dar! Glücklicherweise befand sich auf dem Kornmarkt zu jener Zeit ein sogenannter Brandteich, welcher von der Johannisbecke gespeist wurde und aus dem das Wasser bei einem Feuer in Kübeln geschöpft und von Hand bis zur Brandstelle gereicht wurde. Allein der Hinweis Spennemanns, das Löschwasser stehe ja vor der Haustür bereit, konnte die Bedenken der Anwohnerschaft zerstreuen.
Umtrunk stimmte Sackträger freundlich
Doch die nächsten Hürden folgten sogleich: Schließlich war der Kornmarkt zu jener Zeit der zentrale Umschlagsplatz in Witten. In der Chronik ist zu lesen, dass wegen der riesigen Berge von Getreidesäcken, die vor dem Geschäft lagerten, ankommende Textilien zunächst vor dem Schultenhof abgelegt werden mussten. Das Ersuchen des Kaufmanns, die Sackträger möchten ihm die Ware ins Haus bringen, wurde zunächst von diesen abgelehnt, weil es unter ihrer Würde stand, andere Lasten als Roggen, Weizen und Co. zu befördern. Es heißt, erst ein Umtrunk mit der gesamten Gilde konnte sie dazu bewegen, der Bitte Spennemanns nachzukommen.
Ein Platz am Ofen, Kaffee und Zwieback
Dann aber geriet der Rubel ins Rollen. Schnell wurde das neue Geschäft zum Treffpunkt der Kauflustigen. Für seine »Qualitätswaren zu volkstümlichen Preisen« war es weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Neben Aussteuerwaren und Textilien für Damen und Herren bot das Kaufhaus seinen Besuchern auch »ein warmes Plätzchen am rotglühenden Ofen«, wie es in der Festschrift zum 175. Jubiläum geschrieben steht. »Zum damaligen Dienst am Kunden gehörte im Hause Spennemann eine Tasse Kaffee und Zwiebäcke oder ein Gläschen Rotwein, und manch vertrautes Gespräch wurde während des Kaufens mit dem Kunden geführt.« A. Spennemann, der sich auch privat für das kulturelle Leben in seiner Stadt engagierte und ganz nebenbei 1848 die ›Wittener Turngemeinde‹ ins Leben rief, legte Wert auf individuelle Bedienung, Vertrauen und Freundlichkeit. Ein Konzept, das sich bezahlt machte, sodass sein Nachfolger Carl Spennemann um 1900 einen prachtvollen Neubau am Kornmarkt 2 / Ecke Hauptstraße errichten konnte.
»Allen Verlobten, die in Kürze ihren eigenen Hausstand gründen werden, empfehlen wir dringend, auch ihre Betten- und Aussteuerartikel bei uns zu beschaffen«
(Werbetext aus dem Jahre 1933)
Schaulustige bei Großbrand mit acht Meter hohen Stichflammen
Im Frühjahr 1933 trat Walter Lang als Mitinhaber in die Firma ein, deren Name daraufhin in ›Lang & Spennemann‹ umgewandelt wurde. ›Der Neue‹ stammte selbst aus einer alten Kaufmannsfamilie, hatte den Beruf von der Pike auf erlernt und hielt das Unternehmen weiter auf Erfolgskurs – bis es am 28. März 1936 von einem schweren Schicksalsschlag in Form eines Kurzschlusses mit anschließendem Großbrand heimgesucht wurde. Der Brandteich auf dem Kornmarkt war zu dieser Zeit längst zugeschüttet. Als kurz nach 18.45 Uhr die Löschzüge in der Altstadt eintrafen, loderten bis zu acht Meter hohe Stichflammen an der Außenseite des Gebäudes empor. Erschwerend für die Löscharbeiten kam hinzu, dass an diesem Abend fast die gesamte Bevölkerung im Begriff war, eine Rede des damaligen Reichskanzlers auf dem Marktplatz mitzuerleben, weshalb die Zahl der Schaulustigen jedes gewohnte Maß überstieg.
Ausgebombt und neu aufgebaut
Nach dem Feuer musste das Unternehmen aus seinem Stammquartier in ein Geschäftshaus an der Bahnhofstraße umziehen. Durch die Bemühungen von Walter Lang, seit 1940 Alleininhaber, gelangte es bald zu neuer Blüte. Doch auch diesmal war den Geschäften ein jähes Ende bestimmt: 1944 wurde das Gebäude bis auf die Grundmauern niedergebombt. Der an anderer Stelle weitergeführte Betrieb fiel 1945 erneut den Bomben zum Opfer. Was von den Warenbeständen unbeschädigt geblieben war, ging später beim Einmarsch der Besatzungstruppen verloren. Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft hielt Walter Lang die Firma unter widrigen Umständen in einem Etagengeschäft in der Steinstraße aufrecht. Bergauf ging es erst wieder 1954, als das neue Haus ›Lang & Spennemann‹ an der Bahnhofstraße seine Pforten öffnete und bis Ende der 70er-Jahre Teil der Wittener Einkaufswelt war.
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