Dampf ab!
Damit die Kartoffel gelingt
Ich bin ein Nudelmensch. Dabei habe ich gegen Kartoffeln an sich gar nichts einzuwenden. Im Gegenteil. Ich schätze ihren Vitamingehalt und lange herzhaft zu, wenn sie mir irgendwo serviert werden. Ich habe es bloß aufgegeben, sie selbst zuzubereiten. Weil sie mir leider nie richtig gut gelingen. »Lässt du sie denn auch abdampfen?«, fragte meine Schwiegermutter mit einem halb amüsierten, halb wissenden Unterton, als ich mein Bedauern kundtat.
Bitte was? Sie mögen schmunzeln, aber ich hatte von diesem offenbar verbreiteten Hausfrauentrick bis dato noch nie etwas gehört. »Dazu wird der Topf mit den fertig gekochten Pell- oder Salzkartoffeln nach dem Abgießen ohne Deckel auf die heiße Herdplatte gestellt, bis alles Restwasser verdunstet ist«, erklärte meine Schwiegermutter. »So verhindert man, dass sie klitschig werden und sich eine unappetitliche Stärkehaut bildet. Sie lassen sich dann auch viel besser weiterverarbeiten, zum Beispiel zu Klößen oder Kroketten.«
Nun liegt mir nichts ferner, als Klöße oder Kroketten selber zu machen. Aber das beschriebene Abdampfen klang gar nicht so kompliziert. Ich nahm mir vor, es im Rahmen des für Silvester geplanten Raclette-Essens gleich einmal auszuprobieren. Und siehe da – der Trick zeigte Wirkung. Meine Kartoffeln kamen an diesem Tag nicht nur heiß auf den Tisch, sie waren auch kein bisschen matschig und – das bildete ich mir jedenfalls ein – aromatischer als sonst. Allerdings schmeckten sie immer noch nicht annähernd so gut wie bei meiner Schwiegermutter.
Einige Zeit später konnten wir ihr Erfolgsgeheimnis endlich lüften: Da haben wir sie erwischt, wie sie ein Kilo formschöner Erdäpfel Sorte ›Hela‹ bei einem Bauern auf dem hiesigen Wochenmarkt erwarb. Meine persönliche Lehre: Es kommt nicht nur auf die Zubereitung, sondern auch auf die Qualität des Produktes an. Und das ist für eine Küchen-Banausin wie mich doch irgendwie beruhigend.
Schwedische Backkartoffeln mit Köttbullar und Pfeffersoße (4 Personen)
Für die Kartoffeln:
1 kg Kartoffeln (vorwiegend festkochend)
100 g Butter
3 EL Semmelbrösel
Salz
Kartoffeln schälen und waschen. Mit einem Schälmesser dicht an dicht tiefe Rillen hineinschneiden (Achtung, nicht durchschneiden). In eine leicht gefettete Auflaufform setzen und mit Salz bestreuen.
Butter schmelzen und über die Kartoffeln gießen. Anschließend mit Semmelbröseln bestreuen. Ca. 45 bis 50 Minuten bei 175°C (Heißluft) goldbraun backen.
Für die Köttbullar:
600 g Hackfleisch (gemischt)
2 Zwiebeln
2 EL Butter
2 Eier
300 g Paniermehl
300 ml Milch
1/2 Bund Petersilie
Salz und Pfeffer
Öl
Petersilie fein hacken. Zwiebeln klein schneiden und in einer erhitzten Pfanne in Butter andünsten. Herausnehmen und abkühlen lassen.
Hackfleisch mit Ei, Paniermehl, Milch, Zwiebeln und Petersilie gründlich vermengen und mit Salz und Pfeffer würzen. Aus der Hackmasse mit feuchten Händen Bällchen formen und diese von allen Seiten in heißem Öl anbraten. Herausnehmen und auf ein Kuchentuch legen. Das Bratenfett für die Soße aufsparen.
Für die Soße:
2 EL Butter
1 EL Mehl
2.100 ml Sahne
300 ml Brühe
Kräutersalz und bunter Pfeffer
Butter zum Bratfett in die Pfanne geben und schmelzen lassen. Das Mehl einstreuen und die Soße unter Rühren leicht anbräunen. (Es dürfen keine Klümpchen entstehen). Sahne und Brühe hinzugießen und kurz mitköcheln lassen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Zum Schluss: Herd auf kleinste Stufe stellen. Köttbullar in die Sauce geben und bei geschlossenem Deckel einige Minuten ziehen lassen. Mit den Backkartoffeln servieren.
Syrischer Kartoffelsalat (4 Personen)
1 kg Kartoffeln (fest kochend)
4 Tomaten
1 rote Zwiebel
1 gelbe Paprika
1 Bund frische Petersilie (glatte)
4 Blätter frische Minze
1 Saft einer Zitrone
6 EL hochwertiges Olivenöl
½ TL Korianderkörner
Salz und Pfeffer
Kartoffeln waschen, in der Schale bissfest kochen und abdampfen lassen. Je nach Größe halbieren oder vierteln und in eine Schüssel geben. Tomaten und Paprika würfeln. Zwiebel, Petersilie und Minze fein hacken. Alles gut vermengen.
Korianderkörner anrösten, leicht mörsern. Mit Zitronensaft, Olivenöl, Salz und Pfeffer zu einem Dressing verquirlen. Unter den Salat mischen und mindestens eine Stunde ziehen lassen.
Das Geheimnis der Kartoffelchips
Ob Kneipe oder Kindergeburtstag, gemütlicher Filmabend oder gesellige Gartenparty: Kartoffelchips stehen auf der Liste der beliebtesten Knabbereien ganz weit oben. Ja, es soll Menschen geben, denen schon beim Knistern der Tüte das Wasser im Munde zusammenläuft und die, einmal angefangen, nicht mehr aufhören können, die knusprig-salzigen Scheibchen in sich hineinzustopfen. Warum ist das so? Und wer hat die Chips eigentlich erfunden?
Eine New Yorker Zufallskreation
Bei der Suche nach dem Ursprung der frittierten Leckerbissen stießen wir auf eine alte Legende, die im Sommer 1853 im Hotel ›Moon Lake Lodge‹ im Bundesstaat New York ihren Ausgang nimmt. Hier soll ein prominenter Gast – der Großindustrielle Cornelius Vanderbilt – wiederholt über die zu dicken Bratkartoffeln gemeckert haben. Der zuständige (und schließlich etwas angenervte) Koch namens George Crum schnitt die Spalten daraufhin so hauchdünn, dass man sie kaum noch mit der Gabel aufspießen konnte – überraschenderweise sehr zur Begeisterung seines wählerischen Gastes. Eine Variante der Geschichte besagt, dass George Crums Schwester eine dünne Kartoffelscheibe aus Versehen in heißes Fett fallen ließ und der Koch vom Resultat dermaßen entzückt war, dass er die Kartoffelchips im Restaurant nachkochte. Welche Version auch immer zutrifft: Die Zufallskreation landete auf der Speisekarte des Nobelhotels und startete von hier aus ihren Siegeszug quer durchs ganze Land.
Vom Verkauf auf Rädern zur industriellen Produktion
Wesentlich an der Verbreitung beteiligt war der Handelsvertreter Herman Lay, der mit einem Ford Model A durch den Süden der USA kurvte und die gefragten Snacks aus seinem Wagen heraus verkaufte. Zunächst mussten die Erdäpfel noch von Hand geschält und geschnitten werden. Mit der Erfindung einer speziellen Schälmaschine wurde in den 1920er-Jahren der Grundstein für die industrielle Produktion von Kartoffelchips in den USA gelegt. Doch es war ein kleiner Familienbetrieb in Dublin, der in den 1940er-Jahren eine Technik zur Zugabe von Gewürzen und Aromastoffen entwickelte. So entstanden die Geschmacksrichtungen ›Cheese and Onion‹ sowie ›Salt ‘n’ Vinegar‹, die sich vor allem in Irland und Großbritannien großer Beliebtheit erfreuen. Wer dort allerdings in einen Pub geht und Chips bestellt, bekommt natürlich Pommes frites serviert. Dagegen werden die noch dünneren Scheiben im britischen Englisch lautmalerisch als Crisps bezeichnet (crispy = knusprig).
Der Suchtfaktor, ach ja
Chips enthalten naturgemäß reichlich Kohlenhydrate, Fett und Salz. Dazu kommen diverse appetitanregende Geschmacksverstärker. Laut Ernährungsexperten eine fiese Suchtmischung, die den Verstand ausknipst und unseren urmenschlichen Überlebensinstinkt aktiviert. Jetzt geht es nur noch darum, sich innerhalb kürzester Zeit so viele Fettreserven wie möglich anzufuttern. So artet der kleine Snack schnell in eine ausgewachsene Fressorgie aus. Wer eine komplette 100-Gramm-Packung verputzt, deckt damit nicht nur rund ein Viertel seines täglichen Kalorienbedarfs, er nimmt auch eine unschöne Menge krebserregendes Acrylamid in sich auf. Aber mal ehrlich: Wollen wir das alles wissen? Nee. Es ist ja nicht so, dass die köstlichen Knusperscheibchen jeden Tag auf dem Speiseplan stehen. Wir finden: Wer sich ansonsten gesund ernährt, darf sich ausnahmsweise auch mal eine Tüte Chips gönnen. Dann aber bitte ohne schlechtes Gewissen!
Rezept: Kartoffelchips zum Selbermachen
8 Kartoffeln (festkochend)
1.000 ml Öl zum Frittieren (z. B. Sonnenblumen- oder Rapsöl)
Salz + Paprikapulver
Die Kartoffeln schälen, waschen, abtrocknen und längs in dünne Scheiben schneiden. In der Zwischenzeit das Öl in einem kleinen Topf erhitzen. Nun die Kartoffelscheiben nach und nach im heißen Öl frittieren, bis sie knusprig sind. Anschließend auf Küchenpapier abtropfen lassen. Nach Geschmack würzen. Tipp: Das klappt auch mit Süßkartoffeln!
Die Kartoffel (›solanum tuberosum‹) gehört zur Familie der Nachtschattengewächse. Sie ist also mit Tomate, Paprika und Aubergine verwandt. In den Hochanden von Peru, Chile und Bolivien wurde die nahrhafte Knolle schon vor über 8.000 Jahren kultiviert. Spanische Seefahrer brachten die botanische Kostbarkeit im Laufe des 16. Jahrhunderts nach Europa, wo sie nach einigen Startschwierigkeiten erst Generationen später zum Grundnahrungsmittel für die breite Bevölkerung avancierte.