Stadtmagazin Witten: Kunst und Kultur

Zu Gast bei einer Vollzeitkünstlerin

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»Kunst kommt nicht nur von Können, es kommt auch von Müssen, dem Drang, etwas zu kreieren«

Die siebzehn Gestalten wirken, als wären sie mitten in der Bewegung eingefroren. Anmutig, ausdrucksstark, teils seltsam entrückt. Ihre Patina schimmert wie Gold im Sonnenlicht. Im Hintergrund bilden Viadukt und Harkortsee einen malerischen Rahmen. Abseits vom alltäglichen Trubel entfaltet der neue Skulpturengarten von Dagmar Dörken Vogt eine ganz eigene Zauberkraft.

»Hier habe ich mein Traumatelier gefunden«

»Kunst braucht Atmosphäre«, strahlt die international bekannte Künstlerin mit ihren Werken um die Wette. »Über den Umzug nach Herdecke bin ich daher sehr glücklich. Hier habe ich mein Traumatelier gefunden. Und auch das Außengrundstück bietet durch seine Lage und Weitläufigkeit tolle Möglichkeiten. Zudem freue ich mich, nach zehn Jahren quasi in die Heimat zurückzukehren, denn ich habe ja 25 Jahre in Witten gelebt und bin nach wie vor passives Mitglied im Wittener Künstlerbund.« Im Herbst wurde bereits das Atelierhaus DAVO an der Ruhrstraße 6 eingeweiht. Immer mittwochs sowie an ausgewählten Sonntagen (demnächst: 10. April) öffnet es seine Pforten für Besucher*innen. Die Einweihung des in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Skulpturengartens an der Wetterstraße 58 ist für den 22. Mai vorgesehen.

Bilder auf Schienen, Skulpturen auf Sockeln

Wir werfen einen Blick hinter die Kulissen, besichtigen die Räumlichkeiten, in denen die farbintensiven Malereien und bis zu lebensgroßen Bronzeskulpturen entstehen, gelagert und ausgestellt werden. Schon die auf dem Kopf stehende, 140 Kilogramm schwere Statue neben der Eingangstür signalisiert, dass wir im Begriff sind, in die Welt der Kunst abzutauchen. Doch mit dem, was folgt, haben wir nicht gerechnet: Großformatige Bilder werden wie im Museum an ausziehbaren Schienen und nahezu unsichtbaren Wandhängesystemen präsentiert. Bronzefiguren auf Tischen und Sockeln ziehen gekonnt die Blicke auf sich. Durch die riesigen Fenster wird alles in ein weiches Licht getaucht. Der helle, offene Raum ist ein Kunstwerk für sich. Und das muss wohl auch so sein, wenn man wie Dagmar Dörken Vogt mit sieben Galerien kooperiert und an Kunstliebhaber*innen von New York bis Honkong verkauft.

Hinter jedem Werk steckt harte Arbeit

»Das war nicht immer so, ich habe mir das hart erarbeitet«, berichtet die sympathische Vollzeitkünstlerin, die trotz ihres Erfolges erfrischend bodenständig daherkommt. »Ich möchte nicht nur das gehobene Kunstpublikum ansprechen, sondern auch jüngere Leute begeistern. Meine Werke lassen Raum für Interpretationen – aber man darf sie auch einfach schön finden. Darüber freue ich mich.« Zumal hinter jeder Skulptur, jedem Bild unzählige Arbeitsstunden stecken. Ein Besuch der Werkstatt enthüllt, dass Dagmar Dörken Vogt auch Handwerkerin ist. Neben ihrer Ausbildung in Malerei und Bildhauerei hat sie eine Grundausbildung in Metallbau absolviert. Das Schweißgerät handhabt sie genauso routiniert wie Pinsel und Spachtel. »Für die Skulpturen fertige ich zuerst Modelle aus Gips oder Beton mithilfe von Metallgerüsten an. Nach diesen Modellen entstehen dann die Bronzefiguren in der Großgießerei, welche von mir nachbearbeitet werden.« Arbeitstage von zehn Stunden sind für die Expertin keine Seltenheit. »Kunst kommt nicht nur von Können, es kommt auch von Müssen, dem Drang, etwas zu kreieren«, lächelt sie. »Man muss es lieben.«

»Nacktheit ist Freiheit, Energie in ihrer reinsten Form«

Die schwersten Bronzegüsse bringen bis zu 350 Kilogramm auf die Waage. Dass sie trotzdem leicht und ästhetisch wirken, liegt an der besonderen Handschrift von Dagmar Dörken Vogt. »Anders als Kollegen, die durch Deformierung verfremden, nutze ich das Prinzip der Überlängung. Das bedeutet: Die Proportionen stimmen nicht. Meine Menschen sind übermäßig schlank, mit überlangen Beinen und Armen. Auch die Körperhaltung ist auf Ästhetik ausgerichtet.« So wirken selbst Figuren wie ›die Schlafende‹ oder ›die Haarwäscherin‹ ungewöhnlich energiegeladen – als wäre ihre zusammengekauerte Haltung eine Pose in einem Tanz, die jeden Moment dynamisch aufbrechen könnte. Apropos Tanz: Berühmt ist die Serie ›Die Tanzenden‹, die durch das Tanztheater Pina Bausch inspiriert wurde. Ins Auge springt, dass sämtliche Figuren bis auf eine Ausnahme (Pina Bausch selbst) immer nackt dargestellt werden. »Kleidung würde den Körper überdecken. Nacktheit ist Freiheit, Energie in ihrer reinsten Form.«

Open House im Atelier DAVO

Mittwochs · 14–18 Uhr · Sonntag 10.04. · 11–18 Uhr
Eröffnung des Skulpturengartens 22.05., 11–18 Uhr
Weitere Infos · www.davo.de

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