Vor 23 Jahren erschien ein toller Kalender über Wittener Bürger*innen
Die Fotografin Krystyna Dobek findet ihn heute noch gelungen
Können Sie sich, liebe Leserin, lieber Leser, noch an den Jahrtausendwechsel vor 23 Jahren erinnern? Krystyna Dobek tut das in diesen Tagen ganz besonders oft. Hatte doch 1999 die heute 61-jährige Fotografin aus Danzig ihr Mammutprojekt ›Menschen aus Witten‹ rechtzeitig zum Jahreswechsel 2000 fertiggestellt. Der Jahreswechsel war eigentlich auch ein Jahrhundertwechsel und eben das damals oft vermarktete ›Millennium‹. Das Projekt war ein Kalender mit ›Gesichtern und Geschichten für jede Woche des Jahres‹. Es waren nicht nur 52 Personen, sondern genau 62 (weil auch Paare dabei waren), die Krystyna Dobek über zwei Jahre besucht und fotografiert hatte – mit einfühlsamen Texten von Christine Carstens auf den Rückseiten der Kalenderblätter.
›Die habe ich ja lange nicht mehr gesehen!‹
»Durch den Kalender fühlte ich mich in Witten zu Hause. Auch sind einige Protagonisten zu Freunden geworden, so wie der Yogalehrer Anup Singh«, erklärt die sympathische Polin, die in Dortmund Grafik- und Webdesign studiert hat. Auch heute hat ihr Kalender noch einen großen stadtgeschichtlichen Wert. Ist er doch in den zwei Jahrzehnten gereift wie eine gute Flasche Wein und erzählt interessante Lebensläufe. Der Betrachter erinnert sich an Mitmenschen und ihre Aktivitäten und stellt fest: ›Die habe ich ja lange nicht mehr gesehen. Was machen die eigentlich heute?‹
Ganz privat abgelichtet
Da ist der immer fröhliche, Bass spielende Schumacher Didi Köster auf dem Märzblatt und der freundliche Nachbar von gegenüber, der Busfahrer Thomas Franzuschak im November. »Zum Piepen« findet der Chronist das Septemberblatt mit dem 14-jährigen Simon Nowack, der sich damals schon als Parlamentarier sah – im Wittener KiJuPa. Immer noch ›im Geschäft‹ sind z. B. DJ Ruud van Laar und Fahrrad-Experte Uwe Fielicke. Auch sogenannte Promis gehören zu den ganz privat Abgelichteten, etwa ›Unimotor‹ Konrad Schily.
Lebendige Erinnerungen
Das erste Kalenderblatt gehörte ›Folkmutter‹ Hildegard Doebner, die tragischerweise dann am 24. Januar starb. Ihre Freundin, die Schauspielerin Jule Vollmer (auch im Kalender), hatte ihr noch im Dezember ’99 das gerade fertiggestellte Spiral-Buch gezeigt. Auch andere Wittenerinnen und Wittener weilen nicht mehr unter uns. Entweder weil sie weggezogen oder verstorben sind, so wie der geniale Dichter, Linolschnitzer und Narkosearzt Wolfgang Busch.
Liebenswertes Mosaik und lesenswertes Dokument
Und nicht genug der Todesfälle: Erst 2019 verstarb im August die beliebte Künstlerin Anne Bahrinipour und im November darauf der langjährige WAZ-Fotograf Werner Liesenhoff. Das festzustellen, schmerzt natürlich jeden Betrachter, aber in der Rückschau entdeckt er trotzdem ein lebendiges Stück Heimat und Stadtgeschichte aus dem letzten Jahrhundert, das zeigt, dass Witten lebhaft und lebenswert war und ist. Alle Berufsgruppen sind dabei und runden das Mosaik liebenswert ab: Musiker, Künstler, Hebamme, Theologe, Landwirt, Sportler, Kneipier … Ein lesenswertes Dokument einer interessanten Fast-Großstadt, die Witten geblieben ist. Tipp: Interessenten können Restexemplare auch heute noch zum Sonderpreis bei ›Pani‹ Dobek bekommen.
Krystyna Dobek
Tel. 0171 / 4 78 04 02
www.kd-sign.de