Tiere der Nacht
Von Füchsen und Frettchen
Wilde Tiere gibt es nicht nur in Australien oder Afrika. Unser Kollege Axel Sieling hat sich eine Nachtkamera zugelegt, und die hat den Beweis erbracht: Nach Sonnenuntergang herrscht in seinem Garten ein reges Kommen und Gehen. Pelzige Kreaturen mit blitzenden Zähnen und scharfen Krallen huschen durch die Dunkelheit. Wir sind neugierig: Welche Tiere wurden gesichtet? Woher kommen sie, und was treibt sie an? Wie sollten wir uns ihnen gegenüber verhalten? Sind sie einfach nur auf Futtersuche – oder planen sie doch heimlich die Weltherrschaft?
Rätselhafte Spuren im Gras
Für Axel Sieling begann es 2021 mit einem Rätsel. »Wir haben einen großen Garten direkt am Wald und sind ohnehin sehr naturverbunden«, erzählt er. »Plötzlich habe ich auf der Wiese diese komischen Spuren entdeckt, als wenn jemand oder etwas dort gegraben hätte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Eichhörnchen dazu imstande sind. Also habe ich nachgeforscht und herausgefunden, dass es möglicherweise Dachse waren, weil sie an den Vorderpfoten längere Krallen haben, mit denen sie tief buddeln können.« Um die Vermutung mit Fakten zu untermauern, besorgte er sich eine Wildkamera, die er an strategischen Punkten im Garten positionierte. Und siehe da: Schon kurz darauf ließen sich die ersten Besucher blicken.
Pummelige Architekten
»Zwei Füchse – ein größeres Tier und Jungtier – waren bereits am späten Nachmittag zu sehen. Nach Einbruch der Nacht zeigte sich ein Steinmarder. Und schließlich, als es ganz dunkel war, kamen die Dachse, von denen ich annehme, dass sie hinter unserem Grundstück auf einem Brachland in einer Höhle hausen und nur sporadisch bei uns vorbeischauen.« Wobei der Schein hier durchaus trügen könnte: Die pummeligen Gesellen mit den charakteristischen schwarzen Gesichtsstreifen graben gemäß unseren Recherchen nämlich nicht nur nach Regenwürmern – sie sind auch begabte Architekten, die in bis zu fünf Metern Tiefe unterirdische Wohnungen mit hunderte Meter langen Gängen für ganze Dachsgenerationen errichten. Das Grundstück unseres Kollegen könnte – rein theoretisch – also längst unterkellert sein.
Geschickte Jäger
Die geräumigen Dachsbauten bieten oft so viel Platz, dass sie auch Rotfüchsen als Unterschlupf dienen. Letztere sind aber äußerst anpassungsfähig und kriechen zur Not auch in Kellern, Ställen und Scheunen unter. Als geschickte Jäger ernähren sie sich von Wühlmäusen, Kaninchen, bodenbrütenden Vögeln und Insekten. Früchte, Haustierfutter und Küchenreste stehen ebenfalls auf ihrem Speiseplan. Aufgrund ihrer Lebensweise werden sie vielleicht häufiger gesichtet als die sehr scheuen Dachse. Und doch hat die Begegnung mit ›Meister Reineke‹ immer etwas Magisches, nicht nur wegen der vielen Märchen und Fabeln. Mit ihrem hübschen, leuchtendroten Pelz und dem anmutigen, leichtfüßigen Gang sind Füchse einfach ein besonderer Anblick. Falls Sie sich übrigens Gedanken wegen Tollwut machen, können wir Sie beruhigen: Laut dem RKI gilt Deutschland seit 2008 als ›tollwutfrei‹ (eine Ausnahme bilden Fledermäuse).
Kleiner Krawallmacher
Ein weiterer Stammgast in hiesigen Gärten ist der Steinmarder, der von Laien zuweilen mit Wieseln oder Iltissen bzw. wilden Frettchen verwechselt wird, sich von diesen jedoch durch seine Größe und seinen weißen, gegabelten Kehlfleck unterscheidet. Vom Menschen bleibt der nachtaktive Jäger oftmals unbemerkt – bis er Hühnerställe plündert, auf Dachböden rumort oder sich in den Motorräumen parkender Autos häuslich einrichtet, wo er dann gerne auch schon mal Kabel oder Schläuche anknabbert. Doch Vorsicht: Da Steinmarder unter das Jagdgesetz fallen, dürfen sie von Privatpersonen nicht gefangen oder gar getötet werden. »Zur Abwehr erlaubt und durchaus wirkungsvoll sind Ultraschallgeräte, wie sie auch bei Maulwürfen oder Wühlmäusen eingesetzt werden«, weiß Axel Sieling.
»Hier gibt es die fettesten Regenwürmer«
Solange sie sein Auto verschonen, hat unser Kollege gegen die nächtlichen Besucher jedoch nichts einzuwenden. Im Gegenteil. »Ich prüfe die Speicherkarte meiner Kamera inzwischen wöchentlich und schaue mir an, welche Tiere zu Gast waren. Das ist zu einem regelrechten Hobby von mir geworden. Und irgendwie ist es ja auch schön, dass es ihnen hier gefällt.« Warum die possierlichen Bewohner ausgerechnet seinen Garten auserkoren haben, kann er sich immer noch nicht erklären. An eine Verschwörung unter den Tieren des Waldes glaubt er allerdings nicht, wie er uns schmunzelnd verrät. »Wahrscheinlich gibt es hier bei uns einfach die fettesten Regenwürmer.«
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