Stadtmagazin Witten: Junges Witten

Die etwas andere Kindertagesstätte

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Spiel- und Kinderhaus e. V. wird 40

An der Annenstraße residiert seit nunmehr vier Jahrzehnten ein Kindergarten. Eine Besonderheit daran ist, dass es sich um eine Erzieherinitiative handelt. Im Mai soll rund um die weiße Villa mit den bunt bemalten Fensterrahmen groß gefeiert werden. Wir sprachen mit der aktuellen Leiterin, mit einer Mitarbeiterin der ersten Stunde und mit einem Mann, der immer wieder zu den Wurzeln zurückkehrt.

Geboren aus der Arbeitslosigkeit

Anders als in den Geschichten um ein selbstbewusstes, rothaariges Mädchen mit zwei abstehenden Zöpfen wird die innen und außen kunterbunt gestaltete Villa nicht dauerhaft bewohnt. Stattdessen wird sie täglich von bis zu 80 Kindern besucht, bespielt und sicherlich auch bewundert. Am Rande des heute ehemaligen Böhmer-Geländes wurde im Februar 1983 das ›Spiel- und Kinderhaus‹ eröffnet. Die Vorgeschichte zur Einrichtung ließ sich im Rahmen des Gesprächstermins nicht mehr genau rekonstruieren. »Was man sagen kann ist, dass das Ganze aus der Arbeitslosigkeit geboren wurde«, sagt Sabine Jungermann, Leiterin der Einrichtung.

Schon als Auszubildende dabei

»Der Tag der Eröffnung war mein erster Arbeitstag in der Einrichtung«, berichtet Susi Olm-von Kostka. »Ich musste zum Ende meiner Ausbildung als Erzieherin ein sechswöchiges Prüfungspraktikum absolvieren. Durch Zufall hatte ich von der Einrichtung gehört und bin so hier hingekommen. Nach dem Abschluss der Ausbildung habe ich hier dann auch mein Anerkennungsjahr absolviert.« Darauf folgte für die fertig ausgebildete Erzieherin eine kurze Phase der Arbeitslosigkeit. Bemerkenswert, angesichts des heutigen Fachkräftemangels im pädagogischen Bereich. Doch dann wurde in der Einrichtung, die am ersten Tag mit gerade einmal fünf Kindern startete, eine neue Stelle geschaffen. Hierbei spielte die besondere, für eine Kindertagesstätte eher ungewöhnliche Umgebung eine Rolle. Die Räumlichkeiten innerhalb des Altbaus sind auf drei Ebenen verteilt und mit einer Treppe verbunden – erschwerte Bedingungen. Um diesen besonderen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, wurde die Stelle geschaffen, auf die Susi Olm-von Kostka sich bewarb.

Immer wieder kleine und größere Veränderungen

Bereits im Sommer 1983 wurde eine zweite Betreuungsgruppe eröffnet, und 1994 kamen zwei weitere Gruppen hinzu, die in einem Nebengebäude auf dem gleichen Gelände eingerichtet sind. »Zwei Wochen nach meinem ersten Arbeitstag wurde dies als Hort mit altersgemischten Gruppen für Kinder im Alter von 3 bis 14 Jahren eröffnet«, erzählt Sabine Jungermann. »Das waren die ›wilden Pumas‹ und die ›Rasselbande‹.« Im Laufe der Jahre habe es dann immer wieder kleinere und größere Umbrüche, Anpassungen und Veränderungen gegeben. So seien, nach einer Gesetzesreform vor etwa 15 Jahren, aus den beiden Hort-Gruppen Kita-Gruppen gemacht worden. »Heute betreiben wir vier Gruppen mit je 20 Kindern.« Nicht nur organisatorisch wurde die Einrichtung über die Jahre hinweg stetig verändert, angepasst und weiterentwickelt. Auch bauliche Maßnahmen waren und sind erforderlich. »Wir hatten auf dem Außengelände eine Zeit lang ein Feuchtbiotop, und wir haben einmal versucht, Rasen zu pflanzen, was leider nicht funktionierte«, berichtet die Leiterin. »Rollrasen für 10.000 D-Mark!« Doch der sei eingegangen. Möglicherweise wegen der großen, alten Bäume, die das Außengelände in den Sommermonaten in einen kühlenden Schatten hüllen. Seit vier Jahren beschäftigt das Thema ›Brandschutz‹ Leitung und Mitarbeitende der Einrichtung. Es seien bereits neue Brandmeldeanlagen in den Gebäuden installiert, Rettungstreppen gebaut und die Innenbereiche umgestaltet worden.

»Wir sitzen alle in einem Boot«

Träger der Einrichtung ist der 1983 eigens gegründete Verein ›Spiel- und Kinderhaus e. V.‹, der von Beginn an im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband organisiert ist. »Es ist ein schönes Arbeiten. Ein Arbeiten in Selbstverwaltung«, antwortet Sabine Jungermann auf die Frage, was das Besondere daran sei, in einer Erzieherinitiative tätig zu sein. Die Mitarbeitenden der Einrichtung und mindestens ein Elternteil der betreuten Kinder seien Mitglieder im Trägerverein, in dessen Vorstand immer Eltern und Mitarbeitende der Einrichtung vertreten sind. Darüber hinaus arbeitet die Leiterin mit den gesetzlich vorgeschriebenen Gremien, dem Elternbeirat und dem Rat der Einrichtung zusammen, in dem ebenfalls Eltern vertreten sind. Der Trägerverein sei stets bemüht, einen guten Personalschlüssel zu gewährleisten, was über die Jahre auch meist gelungen sei, wobei es auch für das Spiel- und Kinderhaus nicht einfacher geworden sei, Personal zu finden, erfahren wir. So gibt es derzeit eine einzige Auszubildende in der Einrichtung, obwohl – theoretisch – vier Auszubildende beschäftigt werden könnten. In Kooperation mit dem Comenius-Berufskolleg setzt die Einrichtung hier bevorzugt auf eine praxisintegrierte Ausbildung (PIA), bei der bereits von Beginn an eine vergleichsweise hohe Vergütung gezahlt werde. Der Elternbeirat engagiert sich bei Veranstaltungen und generiert auch Gelder, die wiederum der Kita und den mit ihr verbundenen Menschen zugutekommen. »Durch die Organisation im Trägerverein sitzen wir alle im selben Boot. Manchmal kann es in dieser Konstellation auch kompliziert sein, aber alles ist von viel Zusammenarbeit und Verbundenheit mit den Eltern geprägt«, sagt die KiTa-Leiterin zum Abschluss des Gespräches.

Zurück zu den Wurzeln

Eine große Verbundenheit mit dem Kindergarten kommt auch bei dem einen oder anderen ehemaligen KiTa-Kind zum Tragen. Julius Borkenhagen war ab 1994 selbst Kindergartenkind in der Annenstraße 83a. Er besucht den Kindergarten regelmäßig, um seinen Sohn Carlos zur Betreuung zu bringen oder von dort abzuholen. Und nicht nur das. Der ausgebildete Heilerziehungspfleger absolvierte vor etwa zehn Jahren ein Jahrespraktikum in seinem ehemaligen Kindergarten und arbeitete damals mit einigen seiner früheren Erzieher*innen zusammen. »Als wir auf der Suche nach einem Platz für Carlos waren, habe ich mir gewünscht, dass er hier in die Einrichtung kommt«, meint der 31-Jährige. Eigentlich hat er sogar großen Wert darauf gelegt, dass es klappt, und dann Glück gehabt.

Marcus Dittrich

Jubiläumsfest

Der Verein lädt zu einem großen Spielefest auf dem Außengelände unter imposanten Bäumen ein. Insbesondere ehemalige Kindergartenkinder sind herzlich eingeladen, vorbeizukommen und mitzufeiern.

Termin
13. Mai 2023 von 14.30 Uhr bis 17.30 Uhr
Annenstraße 83a
58453 Witten
www.spielundkinderhaus.de

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