Stadtmagazin Witten: Dies und Das

Europas kleine Überraschung

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Ljubljana, die schöne unbekannte Hauptstadt Sloweniens

Einfach mal raus für ein verlängertes Wochenende mit kurzer Anreise! Angeregt durch den TV-Bericht ›Ljubljana – da will ich hin‹ wagte unser Mitarbeiter im Frühling den Kurztrip über die Alpen in ein unbekanntes Land. Hier sein 3-Tages-Bericht …

In nur dreieinhalb Stunden per Flugzeug ab Düsseldorf quer über die Alpen, mit Zwischenstopp in Zürich und dann der grandiose Anblick mit schneebedeckten Bergspitzen quer über Europas Zentralmassiv. Dort unten fanden Anfang des Jahres im slowenischen Planica die Nordischen Skiweltmeisterschaften statt. Und plötzlich die Landung in einer anderen Welt! Die ersten Eindrücke während der Fahrt vom Flughafen in die Hauptstadt Ljubljana: Die Landschaft sieht hier ein bisschen aus wie in Österreich. Kein Wunder, denn Slowenien hat bis 1918 zur Donaumonarchie gehört. In der Hauptstadt – die frei übersetzt ›Lieblingsort‹ heißt – erinnert auch die Architektur an die Alpenrepublik im Norden. Aber auch an das Nachbarland im Westen: Bella Italia lässt ebenfalls grüßen!
Slowenien war die erste Teilrepublik des sozialistischen Jugoslawiens, das 1991 seine Unabhängigkeit proklamierte. Bereits 2004 wurde es Mitglied der EU, und 2007 kam aus Brüssel der Euro. Was für ein Vorteil: kein Umtausch, dafür das vertraute europäische Geld im Portemonnaie. Ljubljana ist die kleinste Hauptstadt Europas mit rund 293.000 Einwohnern. Die zweite Großstadt des Landes Maribor hat nur 112.000. Slowenien ist geographisch betrachtet Teil von Westeuropa. Nach Osten hin schließt sich der Balkan an.

Diese Nähe zum Westen ist aber auch historisch zu sehen: Die Küste Sloweniens mit nur 46 Kilometern an der Adria gehörte früher zu Italien. Nun könnte man meinen, dass deswegen die erste Fremdsprache Italienisch ist oder gar Deutsch. Weit gefehlt: Die erste Fremdsprache ist Englisch, die Weltsprache – ähnlich wie in Luxemburg oder in den Niederlanden. Jeder Taxifahrer, jede Verkäuferin, das Hotelpersonal und auch jeder Fußgänger spricht ein gutes, akzentfreies Englisch – besser als wir Deutschen. Auch darin zeigt sich die Weltoffenheit der Slowenen: »Wir gehören zu Europa und sind gastfreundlich.«

2016 wurde Ljubljana ›Green Capital of Europe‹. Man sieht’s sofort: überall Fußgängerzonen, neu gepflanzte kleine Bäume, Methanbusse, ein modernes Müllentsorgungssystem und beleuchtete Poller, die die Anwohner der Innenstadt per Smartphone absenken können. Dazu kommen deutlich halbierte Bürgersteige für Fahrradfahrer links und Fußgänger rechts. An den klackenden Ampelsäulen wird die Länge der Rotphase den Fußgängern per Display angezeigt.

Die in Deutschland oft bemängelte, schleppende Digitalisierung ist in Ljubljana schon längst überwunden. Bestellen der Speisen – natürlich auf Englisch – so wie auf der Speisenkarte notiert. Bargeld? Nein danke! Bitte bezahlen Sie kontaktlos mit Auflegen! Die Standardfrage der Kellner: »Cash or card?« beantwortet der Gast meistens mit »Card«. Ausgehen im Restaurant? Am besten mit vorheriger Reservierung im Netz genauso wie Busfahrten oder Reisen – immer bitte vorher online buchen! So läuft alles zügig und bequem geregelt. Der germanische ›Kurz-Tourist‹ aus dem Norden staunt nur.

Ein Wort zu den Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt: 1896 wurde der Ort durch ein Erdbeben zum größten Teil zerstört. Ab 1925 wurde die Innenstadt innerhalb von 15 Jahren von dem slowenischen Stararchitekten Joze Plecnik wieder aufgebaut: Plätze, Brücken, ein Kaufhaus, Museen und die Ministerien tragen seine Handschrift. Er baute auch Häuser in Wien und Prag und halt hier in Laibach, wie Ljubljana früher hieß. Seine Stadtgestaltung – teilweise im Jugendstil – wurde 2009 als nationales Kulturerbe Sloweniens unter Schutz gestellt. Am besten erlebt man die Stadt an einem Samstag. Dann gibt’s Märkte und Stände ohne Ende in der überschaubaren Innenstadt: Gemüse und Obst, Fleisch und Nahrungsmittel, Trödel und Antikes, Schickes und Alternatives und schließlich knuffige Andenken wie die Plüschdrachen in allen Größen.

Drachen? Ja, der Drachen ist nämlich das Wahrzeichen der Hauptstadt. Beim Schlendern durch die mittelalterlichen Gassen kommt man bald am Fluss ›Ljubljanica‹ vorbei und schließlich an der Drachenbrücke mit ihren vier Drachen aus Kupferblech an den Ecken der Flussquerung. Rechts und links des Flusses, der den Burgberg umfließt, ist abends der gemütliche Trubel noch lange nicht vorbei. Denn das Abendessen nehmen die Einwohner und die Touristen gerne in den Lokalen am Ufer ein – teilweise unter den Arkaden, die Plecnik ebenfalls gebaut hat.

Was allerdings auffällt: In keinem Lokal oder Kaffeehaus (›Kavarna‹) gibt es den deutschen Filterkaffee! (Schluck!) Dafür aber viele unbekannte Sorten und Mischungen, die man erst einmal mutig ausprobieren muss. Viele Restaurants bieten auch selbst hergestellte Burger an – nicht zu verwechseln mit denen von den amerikanischen Fix-Food-Ketten. Eine süße Spezialität ist dann allerdings der slowenische Vierlingsstrudel: die Prekmurska gibanica: ein Schichtkuchen aus Mohn, Apfel, Quark und Walnüssen. Den Mund weit aufmachen und langsam reinbeißen! Köstlich.

Ein wichtiger Treffpunkt ist der Presernov-Platz, wo die Statue des Nationaldichters France Preseren steht. Von hier aus geht’s über die Brücke mit den drei Armen (›Dreibrücken‹ genannt) in die Altstadt und dann mit der Standseilbahn ›Funicula‹ hinauf auf den Burgberg mit seinem grandiosen Rundblick über die Stadt – bis hin zu dem wuchtigen Alpenmassiv im Hintergrund. Ein absolutes Muss für die Besucher!

Wie anfangs schon erwähnt, besitzt Slowenien auch ein kleines Stück Adriaküste im Süden. Eine Fahrt mit dem Fernbus bringt uns für läppische 5,40 Euro per Rückfahrkarte in den ›italienischen‹ Landesteil. Hier sind tatsächlich alle Hinweisschilder zweisprachig, denn die Küstenorte in Istrien sind venezianische Gründungen. Zielort ist Piran, wo an jenem Tag eine Prozession für den Stadtheiligen St. Georg stattfindet. Auf dem zentralen Platz steht die Statue des Geigers und Komponisten Guiseppe Tartini. Hier herrscht nun die venezianische Architektur vor – auch an der langen Pier. Am alten Leuchtturm blickt man auf das grandiose Blau des Mittelmeeres. Nach rechts sieht man Triest in Italien, nach links das kroatische Savudrija. So friedlich kann es an Europas Grenzorten sein!

Beim Einstieg in den Bus für die Rückfahrt trifft der Reporter zufällig zwei deutsche Studentinnen: Die eine kommt aus Hagen, die andere aus Herdecke. Beide Kommilitoninnen studieren an der Evangelischen Hochschule in Bochum Soziale Arbeit und absolvieren an der Uni Ljubljana ein Auslandssemester, gefördert durch das ›Erasmusprogramm +‹ der Europäischen Union. Beide jungen Frauen sind voll begeistert von dem Land, der Stadt und dem fachlichen Programm ›ihrer‹ Fakultät. 40 Studiosi von verschiedenen europäischen Hochschulen müssen ein verbindliches Programm im Fach ›Social Work‹ absolvieren. Zu Hause wird das Sommersemester in Slowenien selbstverständlich anerkannt. Die Seminare und Vorlesungen sowie die Exkursionen werden von den Dozenten auf Englisch abgehalten – natürlich, wie auch sonst?! Mehr dazu unter: https://erasmus-plus.ec.europa.eu/de ›Neue Perspektiven, neue Horizonte‹.

Zum Abschluss noch kein (!) Kalauer: Wann wird in Slowenien der Tag der Arbeit gefeiert? Antwort: Am 1. und (!!) am 2. Mai! Wirklich wahr. Ein schönes zweitägiges Überbleibsel aus dem Sozialismus. Gut so: Nasvidenje, Slovenia!

Michael A. Winkler

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