Stadtmagazin Witten: Kunst und Kultur

›Sprachspielschäden aus fünf Dekäden‹

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Mit ›Komischer Poet‹ hat Christian Hirdes sein erstes Buch veröffentlicht

Nein, in dieser Überschrift ist kein Tippfehler, auch wenn solche (sogar bei uns) immer mal wieder vorkommen und bisweilen trotz sorgfältigen Korrekurlesens ärgerlicherweise unentdeckt bleiben. Die ›Dekäden‹ aber sind Absicht, schließlich geht es dem Autoren um das Spiel mit der Sprache – und es soll sich reimen. ›Komischer Poet‹ heißt das Buch des langjährigen freien Stadtmagazin-Mitarbeiters und hauptberuflichen Musikkabarettisten Christian Hirdes, das Ende Januar erschien.

Heinz Erhardt als Vorbild

»In der Tat ist das eine Textauswahl aus fünf Jahrzehnten, vom mit 14 Jahren verfassten Frühwerk aus den 1980ern bis zu aktuellen Bühnentexten aus den 2020ern«, erläutert der ›Bochumer mit Mülheimer Migrationshintergrund‹ den Untertitel. »Inhaltlich ist es eine Mischung aus komischen, oft auf Wortspielen und lustigen Reimen basierenden Gedichten – als Vorbild nenne ich hier mal Heinz Erhardt –, einigen satirischen Kurzgeschichten, aber auch ein paar nicht für den Live-Vortrag verfassten Texten.« Und wieso dauerte es so lange, bis der bald 50-Jährige endlich sein offizielles Erstlingswerk veröffentlichte, obwohl er doch schon vor 25 Jahren bei Poetry Slams selbst kopierte Textsammlungen anbot, ehe er vor etwa 20 Jahren als preisgekrönter Nachwuchs-Musikkabarettist (durch-)startete? Na, da haken wir doch mal nach!

Poetry-Slams, Kabarett-Karriere und Corona

»Zum einen habe ich als chaotischer Künstler ein gewisses Talent, für alles den richtigen Zeitpunkt zu verpassen«, erzählt Hirdes freimütig und schmunzelnd, »zum anderen habe ich mich lange kreativ eher auf die musikalische Seite konzentriert, also in erster Linie neue Lieder geschrieben und auf die Bühne gebracht. Das ergab sich künstlerisch so, als ich kaum noch als Poetry-Slammer aktiv war und mehr und mehr in der Kabarett- und Comedy-Szene Fuß fasste. Neue Gedichte und Vorlesegeschichten verfasste ich zwar auch immer mal wieder, aber nicht in so großer Zahl, dass es für ein Buch gereicht hätte. Viele Jahre lang begnügte ich mich also damit, gut von meinen Live-Auftritten leben zu können, meist in Kleinkunsttheatern und Comedy-Shows. Als es dann nach dem einschneidenden Lockdown in der Corona-Zeit einige Hilfen für Kunstschaffende gab, habe ich ein Stipendium des Landes NRW genutzt, um dieses Buchprojekt anzugehen. Dadurch neu motiviert entstanden in dieser bühnenlosen Zeit dann auch noch zahlreiche weitere Texte, die mit eingeflossen sind. Durch den großen Cut, was Live-Auftritte angeht, habe ich also sozusagen meine literarische Seite wiederentdeckt.«

Live-Auftritte als Basis – im Futur II

Sieht sich Christian Hirdes in Zukunft nun eher als Bestsellerautor denn als Bühnenkünstler? »Bestimmt nicht«, meint der Kleinkünstler lachend, »im Gegenteil: Auch wenn ich echt stolz auf dieses Buch bin und froh, dass es jetzt endlich fertig und in jeder Buchhandlung und im Netz bestellbar ist, wird es bestimmt kein Bestseller à la Heinz Erhardt. Eher wird es darauf hinauslaufen, dass ich letztlich die Mehrzahl der verkauften Exemplare nach meinen Live-Auftritten selbst an den Mann und die Frau gebracht haben werde, dann natürlich gern auch handsigniert und mit Widmung.« Der sprachverliebte selbsternannte ›komische Poet‹ hält kurz inne und meint dann: »Sagte ich gerade ›gebracht haben werde‹? Dann zitieren Sie das bitte so, ein Futur II findet man im Stadtmagazin viel zu selten!«

Beispielgedichte

Mein erster Witz, der nicht ankam

Ich weiß noch, als zum Zeitvertreib
ich einst mein erstes Wortspiel machte.
Da war ich noch im Mutterleib,
weswegen ich als einz’ger lachte.

Ich hatte dies Gespräch gehört:
Da ging's um mich, wann’s so weit sei.
»Ich schätze«, hatt’ der Arzt erklärt,
»zwei Tage noch, vielleicht auch drei.«
    
Das sah ich anders, rief im Nu:
» ‘Ne Woche halt ich’s hier noch aus«,
und fügte dann spontan hinzu:
» ... sag’ ich mal aus dem Bauch heraus ...«

Kathi und Kai

Er rief: »Oh, guck, ein Maserati!«
Sie rief: »Schau dort, die Krokusse!«
Oft hatten beim Spaziergang Kathi
und Kai verschied’ne Fokusse.

Limerick

Zu dem Hai sprach das Weibchen im Fjord,
ganz beseelt vom romantischen Ort:
»Welch’ drei Worte zu hör’n
würde dich jetzt betör’n?“«
Er entgegnete: »Mann über Bord.«

Kommunikationsprobleme mit Omma

Aufgrund der ständigen Verletzung
von Regeln bei der Zeichensetzung
ist es beschwerlich stets gewesen,
von Oma einen Brief zu lesen.
    
Doch schwer fiel’s auch, ihr zuzuhör’n, der Omma:
Auch reden tat sie ohne Punkt und Komma

Tipp – und apropos Futur II …

… na dann benutzen wir diese ›vergangene Zukunftsform‹ doch gleich mal: Wir sind uns sicher, dass Sie sich nach Durchstöbern des aktuellen Stadtmagazins über die Entdeckung der humorvollen ›Vers-Reim-Rätsel‹ des ›komischen Poeten‹ riesig gefreut haben werden.

›Wenn scheinbar zwei dassselbe sagen‹ heißt ein spezielles Kapitel in Christian Hirdes’ Buch. Es besteht aus über 50 Kurztexten, die immer gleich aufgebaut sind: Zwei ganz unterschiedliche Situationen werden in jeweils zwei gereimten Versen geschildert, am Ende folgt dann als zweisilbige ›Pointe‹ eine Aussage, in die beide Situationen gleichermaßen münden. Klingt zu theoretisch? Dann auf zu unserer Rätselseite (Seite 62), denn hier werden von dieser Ausgabe an regelmäßig und exklusiv jeweils zwei dieser Texte im Stadtmagazin abgedruckt – auch in Zukunft!

Christian Hirdes
Komischer Poet

Sprachspielschäden aus fünf Dekäden
Verlag: BoD - Books on Demand, Norderstedt
ISBN: 9783758364433
www.christianhirdes.de

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