100 Jahre Alpenfieber
»Das fasziniert, wenn man jung ist«
Es sieht abenteuerlich aus, wie die Sportlerinnen und Sportler in bis zu acht Metern Höhe an der steilen, mit bunten Vorsprüngen übersäten Wand herumkraxeln. Das Klettertraining des Deutschen Alpenvereins in Witten ist nichts für Anfänger, könnte man meinen. Der Redakteurin des Stadtmagazins wird jedenfalls schon vom Zuschauen ein wenig schwindelig.
»Schöne Wow-Effekte«
»Die violette Route ist die schwerste«, verrät Barbara Vollmerhaus, die zusammen mit ihrem Mann Dirk Zautke die Erwachsenengruppe leitet. »Mit der richtigen Technik hat man aber relativ schnell Erfolgserlebnisse, was bei Neulingen immer wieder für schöne Wow-Effekte sorgt.« »Es geht beim Klettern ja gerade darum, die eigenen Grenzen zu überwinden«, ergänzt Jugendtrainer Marvin Taron. »Hier bei uns lernen die Jugendlichen in einem geschützten Rahmen, Verantwortung zu übernehmen und über sich hinauszuwachsen. Das stärkt das Selbstbewusstsein.« Irgendwann klappt es dann auch mit der violetten Route und dem Überhang.
Bergsport trifft Umweltschutz
Das Klettertraining in der Turnhalle der Blote-Vogel-Schule ist nur eine der vielfältigen Aktivitäten unter dem Dach des Deutschen Alpenvereins. Der 1869 gegründete DAV deckt die gesamte Palette des Bergsports ab, vom Wandern, Klettern und Bergsteigen über das Mountainbiking bis hin zum Skifahren. Als Naturschutzverband setzt sich der Verein auch für die Themen Umwelt und Klimaschutz ein, die in diesen Zeiten immer wichtiger werden. Insgesamt 1,5 Millionen Mitglieder sind in mehr als 350 selbstständigen Sektionen aktiv. Die Wittener Abteilung wurde 1924 eröffnet und feiert dieses Jahr ihr 100-jähriges Jubiläum.
Auf zur Hüttentour!
»Es hat viele Vorteile, Mitglied zu sein«, weiß Reinhard Hohagen als erster Vorsitzender. »Zum einen kann man auf Reisen zu vergünstigten Preisen in den über 300 Hütten des DAV in Bergregionen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich übernachten. Hinzu kommt, dass 25 Prozent der Betten für Mitglieder freigehalten werden müssen.« Ein weiterer Pluspunkt ist der mit einer Mitgliedschaft einhergehende Versicherungsschutz bei Bergtouren.
»Wenn man auf dem Gipfel ankommt, fällt alles von einem ab«
Egal ob man lieber gemütlich wandert, auf Skiern den Hang hinab saust oder mit dem Steigeisen Eiswände erklimmt: Die Natur in den Bergen kann unberechenbar sein. Deshalb sind eine gute Ausbildung und die Anleitung durch zertifizierte BergführerInnen so wichtig. Das weiß auch Gerhard Röring. Der zweite Vorsitzende ist quasi in den Alpen zu Hause, und das schon seit rund 50 Jahren. »Früher war ich jedes Jahr in Österreich oder Südtirol, teils sogar mehrfach im Jahr«, erzählt er. »Das Tempo bei der Abfahrt, der Nervenkitzel beim Anstieg, morgens um vier über den Gletscher marschieren – das fasziniert, wenn man jung ist. Es ist eine körperliche Belastung. Aber wenn man in 3.000 Metern auf dem Gipfel ankommt, fällt alles von einem ab. Das fühlt sich wie eine Befreiung an.«
Wandern in Witten
Ganz so hoch wagen sich die beiden Routiniers heute nicht mehr hinaus. »Ich klettere morgens nur noch aus dem Bett«, scherzt Reinhard Hohagen. »Das Bergsteigen überlasse ich lieber den Jungen.« Zum Glück gibt es auch in Witten und Umgebung schöne Wanderwege, die sich für kleinere seniorengerechte Touren und Tagestrips eignen. »Witten ist eine Stadt mit sehr viel Natur und verhältnismäßig guter Luftqualität«, findet Gerhard Röring.
»Das hat man selten im Ruhrgebiet. Im Muttental kann man unterwegs noch die Relikte des Bergbaus besichtigen, wie etwa die Zeche Nachtigall oder das Bethaus der Bergleute. Für längere Strecken empfiehlt sich der Ruhrhöhenweg.« Außerdem betreibt die Wittener Sektion des DAV eine eigene Hütte im Westerwald und betreut einen Wanderweg von Mallnitz bis zur Hindenburghöhe. Es mangelt somit nicht an Aufgaben für all jene, die sich lieber organisatorisch als sportlich betätigen.
»Das kann ja noch kommen«
Doch zurück zur Kletterhalle, wo die Sportlerinnen und Sportler weiterhin fleißig für ihren Außeneinsatz trainieren. »Ab und an fahren wir auch gemeinsam ins Wittener Muttental oder Richtung Bergisches Land oder Sauerland«, berichten Deriya Taron und Kristina Kersting, die zusammen mit Marvin Taron die Gruppe der Kinder und Jugendlichen im Alter von 12 bis 16 Jahren betreuen. »Es ist schon etwas anderes, am Fels zu klettern, als in der Turnhalle. In den Alpen waren wir bislang noch nicht. Aber das kann ja noch kommen.«
Tipp: Wer Lust hat, unter professioneller Anleitung selbst einmal ›Höhenluft‹ zu schnuppern, kann bis zu zwei kostenfreie Probetrainings beim Verein absolvieren. Voraussetzung ist eine Voranmeldung per Email. Die Kletterausrüstung wird dann gestellt.
Trainingszeiten
Erwachsene (ab 17 Jahre) · Do. · 18–20 Uhr
Kinder (12–16 Jahre) · Mi. alle 14 Tage · 17.30–19.30 Uhr
Blote-Vogel-Schule · Stockumer Str. 100
Weitere Termine nach Absprache · www.dav-witten.de
Anmeldung zum Schnupperklettern
klettern-dav-witten [at] gmx.de