Stadtmagazin Witten: Sport und Freizeit

Verein mit vielen ›Errungenschaften‹

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Der KSV Witten setzt auf die Förderung des Ringens und des Nachwuchses sowie neue Sportangebote

Er gehört zu Witten wie die Ruhr: der KSV. Dabei macht sich der 1907 gegründete Kraftsportverein längst nicht nur fürs Ringen stark, sondern für zahlreiche weitere Sportarten im Gesundheits-, Fitness- und Kampfbereich. Neben dem Ringer-Team, das in der 1. Bundesliga kämpft, gilt das Augenmerk besonders dem Nachwuchs. 

Ringerhochburg im ›Zuhause des Wohnens‹

Gemeinhin verbindet man in der Ruhrstadt mit dem Namen Ostermann ›das Zuhause des Wohnens‹. Die gleichnamige Halle jedoch, die neben der Wittener WERK°STADT an der Mannesmannstraße steht, ist seit genau 30 Jahren das Zuhause der Sportlerinnen und Sportler des KSV Witten 07. Seit ihrer Eröffnung (siehe Kasten) wurden hier aus zahlreichen Ringer-Talenten nationale und internationale Top-Athletinnen und -Athleten. In der Trainingsstätte des KSV kann man sich davon nicht nur in mit Pokalen reich bestückten Vitrinen, sondern auch auf den zahlreichen Fotos einen Eindruck verschaffen. Zwar sind die goldenen Zeiten, in denen Witten die Ringer-Hochburg in Deutschland war und neben vielen weiteren auch sieben Meistertitel einfuhr, vorbei. Aber der KSV hat sich erfolgreich zurückgekämpft in die Eliteklasse – und startet am 14. September in seine 51. Bundesliga-Saison. Doch dazu später mehr.

Ringer mit Geschichte

Wer im Eingangsbereich der Ostermann-Halle in die Vergangenheit dieses Traditionsvereins blickt, kommt an vielen Namen nicht vorbei. Sie alle aufzuführen würde Bände füllen, daher sind nur einige genannt: Seien es erfolgreiche Ringer wie die Brüderpaare Lothar und Theo Krings sowie Kurt und Dieter Schudlich, seien es Adam Juretzko oder die olympischen Silber-Medaillen-Gewinner Klaus Rost, Mirko Englich und Günther Maritschnigg; sei es der langjährige Vorsitzende und Mäzen Emil Olsberger jun.; sei es Mithat Bayrak, der zweifache Olympiasieger, der in den 1960ern aus der Türkei nach Witten kam, 20 Jahre für den KSV rang und ein Paradebeispiel für Integration war; oder auch Karl Brockhoff, der legendäre Trainer, und Detlef Englich. Letztere sind untrennbar miteinander verbunden, denn Karl Brockhoff musste 1962 erst die Mutter von Detlef Englich überreden, bevor dieser das erste Mal die Matte betreten durfte.
Der ehemalige Kriminalkommissar wurde beim KSV ein erfolgreicher Ringer, mehrfacher deutscher Mannschaftsmeister sowie Polizei-Europameister – und ist seit 2023 zum dritten Mal der 1. Vorsitzende des Vereins. »Ich bin quasi der Reinhard Rauball des Ringens«, spielt Detlef Englich schmunzelnd auf den ehemaligen BVB-Präsidenten an, der auch drei Amtszeiten im Lebenslauf stehen hat. Der KSV-Vorsitzende kennt den Verein aus dem Effeff, hat erfolgreiche Zeiten miterlebt ebenso wie herausfordernde.

Die Ostermann-Halle

Einst beherbergte sie an der Annenstraße Gartenmöbel. Als Anfang der 1990er-Jahre eine neue Trainings-Heimat für den Olympia-Stützpunkt Ringen sowie die Ringer des KSV gesucht wurde, hatte Rolf Ostermann, Geschäftsführer des gleichnamigen Einrichtungshauses, eine Idee. Er wollte seine Gartenmöbel-Verkaufshalle in Annen demontieren und an der Mannesmannstraße neu errichten. Das gelang mit vereinten (finanziellen) Kräften – neben der Ostermann-Zuwendung kamen Zuschüsse von Stadt, Land, Bund und örtlichen Sponsoren sowie jeder Menge Muskelhypothek der KSV-Mitglieder. Das Trainingszentrum ist ausgestattet mit circa 500 m² Ringermattenfläche, einem speziellen Kraftraum, Sauna sowie Büroräumen. Vor nunmehr 30 Jahren, am 10. Juni 1994, wurde die ›Ostermann-Halle‹ feierlich eingeweiht.

Rückkehr in die Bundesliga

So wie 2009, als sich der KSV aus der Bundesliga zurückziehen und in der Oberliga kämpfen musste. »Ein herber Einschnitt, aber er war unumgänglich, um den Betrieb weiter aufrecht zu erhalten«, sagt der 75-Jährige rückblickend. Es folgten Jahre in der Ober- und der 2. Bundesliga – und schließlich 2017 der Weg zurück nach vorn in die 1. Bundesliga. Ein Gros der Ringer in der ersten Kampfklasse waren schon immer Eigengewächse. Darauf legt der KSV viel Wert, denn sie sind für den Nachwuchs im Verein Vorbilder und Motivatoren zugleich. »Dieses langfristige und nachhaltige Konzept hat unsere Erfolge auf unterschiedlichen sportlichen Ebenen in all den Jahren erst ermöglicht«, meint Detlef Englich. Längst sind es jedoch nicht nur die Männer, die mit ihren Erfolgen auf der Matte von sich reden machen. Seine Tochter Nina war in den 1990er-Jahren die erste KSV-Ringerin, wurde zweimal Europameisterin und gewann insgesamt neun Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften. Zahlreiche Triumphe und Titel errangen in der Folge unter anderen Lina Dussin, Viviane Herda, Melanie Kramarczyk und die frisch gebackene Europameisterin Lotta Englich, die die Ringer-Tradition der Familie fortsetzt. Neben ihrem Großvater Detlef und ihrer Tante Nina waren auch ihre Mutter Yvonne (mehrfache Deutsche Meisterin) und Vater Mirko (Silbermedaillengewinner bei den Olympischen Spielen in Peking) erfolgreiche Ringer. Ihr Bruder Noah ist mehrfacher deutscher Jugendmeister und Teil des aktuellen KSV-Bundesliga-Kaders.

Starkes Mitgliederwachstum

Um den stetig wachsenden Verein besser lenken zu können, hat der KSV 2023 sein Vorstandsteam personell aufgestockt. »Das war nötig, denn zwei Personen allein können einen solch aufwendigen Betrieb nicht bewerkstelligen«, so Detlef Englich. Seither führt er gemeinsam mit seinen drei Stellvertretern Nina Kahriman, Dr. Erkan Kaymak und Fatih Sirin, Kassiererin Elvira Henz sowie dem erweiterten Vorstand mit einem jeweils 8-köpfigen Beisitzer- sowie Jugendausschuss-Team die Geschicke des KSV, der sich über steten Zulauf freut. Betrug die Mitgliederzahl bei ihrer Vorstandsübernahme noch 450, ist sie mittlerweile auf mehr als 600 angestiegen.

›Ringen statt Fäuste schwingen‹

So sind viele Kinder und Jugendliche neu ins Ringer-Training eingestiegen – nicht zuletzt durch starke Nachwuchswerbung wie beispielsweise die Wittener Stadtschulmeisterschaften, die der KSV bereits seit 1991 austrägt. Neben diesem größten deutschen Ringer-Schulsportevent engagiert sich der KSV in zahlreichen weiteren Projekten. Dazu zählt das Anti-Aggressionsprogramm ›Ringen statt Fäuste schwingen‹, das DOSB-Projekt ›Integration durch Sport‹ oder auch verschiedenste Events mit dem StadtSportVerband und KreisSportBund sowie Kindergärten und Schulen.

Sport für kleinst bis groß

Hinzugekommen sind aber auch Sportlerinnen und Sportler in neu gegründeten Gruppen wie dem Boxen und Fitnessboxen oder der neuen Abteilung Rhythmische Sportgymnastik. Sie ergänzen das breitgefächerte Sportportfolio, zu dem schon seit Langem Aikido oder Taekwondo, Fitness für Frauen, Pilates oder auch Aquafitness zählen. »Wir haben Sportgruppen für Mädchen, Jungen, Frauen und Männer verschiedenen Alters – unser jüngstes Mitglied bei den flinken Löwenkids ist 3, unsere älteste aktive Sportlerin 100 Jahre alt«, sagt Detlef Englich und betont, wie wichtig es ist, stets mit der Zeit zu gehen: »Man muss das Rad immer weiterdrehen.«

Kleines Ringer-ABC

Ringen ist eine der ältesten Sportarten der Menschheitsgeschichte. Der Kampf ›Mann gegen Mann‹ und längst auch ›Frau gegen Frau‹ hat zum Ziel, ohne etwaige Hilfsmittel den Sieg durch Technik, Taktik, Geschicklichkeit und Kraft im wahrsten Wortsinn zu erringen. Dabei gewinnt, wer entweder einen Schultersieg erreicht, bei dem beide Schultern für einen kontrollierten Augenblick die Matte berührt haben müssen. Kommt dieser nicht zustande, geht es nach Punkten, die für erfolgreiche Aktionen vergeben werden. Es gibt zwei Disziplinen: Beim Stil Griechisch-Römisch (kurz Greco genannt) gilt nur der Körper oberhalb der Gürtellinie als Angriffsfläche. Beim Freistil ist es hingegen der gesamte Körper, vom Kopf bis zu den Füßen. Männer ringen in beiden Disziplinen, Frauen nur im Freistil.

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